Al-Qaida in Mali: Belagerung mit Nadelstichen

ICOAST-MALI-TRANSPORT-UNREST
Immer seltener erreichen Tankwagen die malische Hauptstadt Bamako, das Land stürzt zusätzlich zum Krieg gegen die Terroristen in eine veritable Energiekrise.

Die Junta-nahen Medien atmeten auf, als vor wenigen Tagen ein Tanklaster-Konvoi mit Treibstoff die malische Hauptstadt Bamako erreichte. Geschützt durch das russische „Afrikakorps“ und Soldaten der malischen Streitkräfte gelang es den Kraftfahrern, den eklatanten Treibstoffmangel in der Metropole zumindest kurzfristig zu lindern.

Gezielte Anschläge

Dutzende ihrer Kollegen waren in den vergangenen Wochen und Monaten überfallen, erschossen, lebendig verbrannt worden. Denn Malis Hauptstadt steht unter einer „asymmetrischen Belagerung“: Mitglieder der al-Qaida-nahen Terrorgruppe Jama’at Nasr al-Islam wal-Muslimin (JNIM) überfallen gezielt Treibstofftransporte am Weg nach Bamako, haben mindestens einhundert Kraftfahrer ermordet und die Stadt in eine veritable Treibstoffkrise gestürzt.

Mali, das seinen Treibstoff zu 95 Prozent importieren muss, war auf diese Art der Kriegsführung wenig vorbereitet: Tankstellen standen still, Schulen waren geschlossen. Und es ist nicht klar, wie lange die jetzt durchgekommenen Treibstofflieferungen ausreichen – und sich die Krise wiederholt.

Situation in Mali

Russlands Präsenz

Gleichzeitig toben nicht nur im umkämpften Norden des Landes schwere Kämpfe zwischen den von Russland unterstützten Regierungstruppen und Terrorgruppen wie JNIM oder dem „Islamischer Staat in der Größeren Sahara“ – auch im Süden des Landes kommt es immer öfter zu gewaltsamen Zusammenstößen. Derzeit finden an der Grenze zu Burkina Faso schwere Gefechte statt.

Und Russlands Präsenz löst die strukturelle Schwäche der Militärregierung nicht. Nach dem Rückzug der Wagner-Gruppe operiert in Mali das verteidigungsministeriell angebundene Afrikakorps, personell zu großen Teilen aus Ex-Wagner-Leuten rekrutiert. Es liefert Ausbildung, punktuelle Schläge und mittlerweile Konvoi-Eskorten.

Doch lange, verwundbare Versorgungsrouten lassen sich nicht zu hundert Prozent sichern; Verluste bei Hinterhalten der vergangenen Jahre und Monate zeigen Moskau die Grenzen. Selbst Moskau wohlgesonnene Analysen sehen den Nutzen des Afrikakorps eher taktisch als strategisch.

Während die Europäische Union und insbesondere Frankreich nach wie vor bei der Militärjunta abgemeldet sind – eine EU-Ausbildungsmission wurde etwa auch auf Wunsch der Regierung beendet – scheint sich Washington wieder mehr für Bamako zu interessieren: Aus Sorge vor einem weiteren Zusammenbruch staatlicher Ordnung in der Region teilen die USA laut Washington Post wieder verstärkt Aufklärungsdaten mit Bamako – eine pragmatische Kehrtwende trotz Bedenken gegenüber der Junta und deren russischen Partnern.

Parallel mahnte die US-Botschaft Bürger zur umgehenden Ausreise, das Außenministerium ordnete den Abzug nicht wesentlicher Mitarbeiter an.

Ein direkter Großangriff auf Bamako ist derzeit noch nicht in Sicht, doch haben sich die Kampfhandlungen in den vergangenen Monaten deutlich mehr in Richtung Bamako verlagert.

Erbitterte Gefechte

Und die Erinnerung an 2012, als Terrorgruppen und Tuareg-Bewegungen sich zusammengeschlossen und das Land beinahe übernommen hatten, ist in malischen Militärkreisen noch frisch. Damals war Frankreich eingesprungen, konnte den Kollaps durch die Operation „Cerval“ verhindern. Die Kontrolle über den Norden des Landes konnten jedoch weder Frankreich noch eine UN-Mission erlangen. Mittlerweile verlässt sich die malische Armee vor allem auf Russland und führt erbitterte Gefechte – oft auch gegen die Zivilbevölkerung, insbesondere gegen Angehörige der Volksgruppe der Fulbe, aus deren Reihen unter anderem JNIM regen Zulauf erhält.

Mit dem Ergebnis, dass die Zahl der Flüchtlinge steigt: Ende Juni meldete etwa Mauretanien, dass sich 309.000 Flüchtlinge im Land aufhielten – davon 98 Prozent aus Mali.

Kommentare