Afghanischer Präsident wird in Stichwahl bestimmt

Ex-Außenminister Abdullah Abdullah in erstem Wahlgang vorn.

Im Rennen um das Präsidentenamt in Afghanistan kommt es zu einer Stichwahl zwischen Ex-Außenminister Abdullah Abdullah und dem früheren Finanzminister Ashraf Ghani. Nach Angaben der unabhängigen Wahlkommission vom Samstag erzielte Abdullah in der ersten Runde am 06. April dem bisherigen Auszählungstand zufolge 44,9 Prozent der Stimmen. Ghani habe 31,5 Prozent erhalten.

Als Datum für die Stichwahl wurde vorläufig der 07. Juni festgelegt.

Die Kommission betonte, es handle sich um vorläufige Ergebnisse, die nun von einem weiteren Gremium überprüft würden. Das Endergebnis der Wahl soll am 14. Mai veröffentlicht werden. Bis dahin sollen hunderte Beschwerden wegen Wahlbetrugs geprüft werden. Die Wahlbeschwerdekommission (ECC) bestätigte nach der Abstimmung Wahlbetrug in "nicht geringem Ausmaß".

Im In- und Ausland war der relativ friedliche Wahlverlauf als Erfolg gewertet worden. Mit einer überraschend hohen Wahlbeteiligung trotzten viele Afghanen den Drohungen der radikal-islamischen Taliban. Der bisherige Präsident Hamid Karzai tritt nach zwölf Jahren im Amt nicht wieder an.

Der gelernte Augenarzt ABDULLAH ABDULLAH diente bereits als Sprecher in der Regierung von Burhanuddin Rabbani Anfang der 1990er-Jahre, bevor diese durch die Taliban aus Kabul vertrieben wurde. Nach deren Sturz infolge der US-Intervention im Herbst 2001 wurde Abdullah von Präsident Hamid Karzai mit der Leitung des Außenministeriums betraut. Auf diesem Posten erwarb er sich mit seinem höflichen Auftreten und seinem geschliffenen Englisch international Ansehen, wurde 2006 jedoch von Karzai aus der Regierung entlassen.

Der Sohn eines paschtunischen Vaters und einer tadschikischen Mutter, der vor allem im Norden und Nordosten Rückhalt hat, trat bei der Präsidentenwahl 2009 gegen Karzai an und landete auf dem zweiten Platz. Abdullah warf den Anhängern Karzais damals Manipulationen vor und zog sich nach heftigem Streit aus der Stichwahl zurück. Dieses Mal gab es nach Angaben der Wahlkommission deutlich weniger Unregelmäßigkeiten. Der 53-Jährige, dessen Symbol bei der Wahl Stift und Papier sind, kam laut dem vorläufigem Endergebnis auf 44,9 Prozent.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP sprach sich Abdullah für den Verbleib Karzais in der Politik aus. Eine Strafverfolgung seines früheren Rivalen, dem wiederholt Korruption vorgeworfen wurde, lehnte er ab. "Ich würde einen derartigen Kurs nicht verfolgen, das wäre eine Politik der Rache und der Vergeltung. Unsere Priorität (...) wird sein, uns um die Prioritäten der Nation zu kümmern", sagte Abdullah. Er versicherte, anders als Karzai werde er insbesondere bei den Frauenrechten keine Zugeständnisse an

ASHRAF GHANI landete bei der Wahl 2009 noch abgeschlagen auf dem vierten Platz, doch hat er seitdem deutlich an Statur gewonnen und kam nun mit 31,5 Prozent klar auf den zweiten Platz. Im Wahlkampf versprach der 64-Jährige, der mit dem Koran als Wahlsymbol antritt, den Ausbau der lokalen Infrastruktur. Kritik rief Ghani hervor, indem er den Usbeken Rashid Dostum zu seinem Stellvertreter erkor. Der Kriegsherr wird für viele Verbrechen verantwortlich gemacht, doch brachte er dem Paschtunen Ghani Stimmen bei der usbekischen Minderheit im Norden.

Internationales Ansehen als Akademiker erwarb sich Ghani in den 1980er-Jahren, als er an mehreren Universitäten in den USA Politikwissenschaft und Anthropologie lehrte. Im Jahr 1991 wechselte er zur Weltbank. Nach dem Sturz der Taliban 2001 kehrte er nach Kabul zurück und diente dem UN-Gesandten Lakhdar Brahimi als Sonderberater. In der Übergangsregierung Karzais war er von 2002 bis 2004 Finanzminister, später leitete der für seine scharfe Zunge bekannte Politiker die Nationale Sicherheitskommission.

Ghani sprach sich in einem Interview mit AFP für die Aussöhnung mit Pakistan aus. Darin liege ein Schlüssel zu mehr Stabilität in seinem Land. Ziel sei eine "besondere Beziehung" beider Länder ähnlich dem Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg, sagte Ghani. Früher habe der östliche Nachbar zwischen "guten Taliban" und "schlechten Taliban" unterschieden, doch Ministerpräsident Nawaz Sharif betrachte den Extremismus insgesamt als "fundamentale Herausforderung", sagte Ghani.

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