AfD schleuste Corona-Leugner in Bundestag: "Unerhörter Tabubruch"

AfD schleuste Corona-Leugner in Bundestag: "Unerhörter Tabubruch"
Die von den Rechtspopulisten eingeladenen Gäste drangsalierten Parlamentarier - die Empörung über die AfD ist groß. Für die Partei wird es wohl Konsequenzen geben, genauso wie in der Affäre um Spendengelder.

Das Video war auf Twitter überall zu sehen: ein Frau, die Maske am Kinn, die den deutschen Wirtschaftsminister Peter Altmaier verbal massiv angreift. "Sie haben kein Gewissen!", schleudert sie ihm mehrmals entgegen.

Das Gewissen, das ihm angeblich fehle, hat mit den Corona-Maßnahmen der Regierung zu tun: Vor dem Bundestag, in dem sich die Szene kürzlich Tagen abspielte, demonstrierten nämlich Gegner eben dieser Regelungen - und einige davon hat die AfD offenbar ins deutsche Parlament geschleust. Nicht nur Altmaier, auch drei andere Politiker wurden von ihnen drangsaliert und beschimpft. Eingeladen worden waren sie laut Bundestagspolizei von den drei AfD-Abgeordneten Udo Hemmelgarn, Petr Bystron und Hansjörg Müller.

Rechtliche Konsequenzen für alle Beteiligten

Diese Episode, die es in dieser Form wohl noch nie in der Geschichte des Bundestags gegeben hat, zieht nun Konsequenzen nach sich - für die Störer genauso wie die AfD-Abgeordneten: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble erwägt jedenfalls juristische Schritte. Er habe die Verwaltung gebeten, „alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, gegen die Täter und diejenigen vorzugehen, die ihnen Zugang zu den Liegenschaften des Bundestages verschafft haben.“

Schäuble nannte das Geschehen „ernste Vorfälle“. „Sie haben unter Kolleginnen und Kollegen sowie bei Mitarbeitern vielfältige Befürchtungen und Ängste ausgelöst und können eine Atmosphäre schaffen, die einer freien und offenen Diskussion entgegensteht. Das dürfen wir im Deutschen Bundestag nicht zulassen.“

„Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich; FDP-Geschäftsführer Marco Buschmann überlegte, ob eine Strafanzeige gegen die gastgebenden AfD-Abgeordneten möglich ist. „Die AfD missbraucht den Bundestag als Bühne, um Parlamentarismus und liberale Demokratie verächtlich zu machen. Dieser unerhörte Tabubruch ist kein Kavaliersdelikt."

"Gäste hielten sich die Regeln"

Die AfD hingegen sieht kaum Schuld bei sich. Hansjörg Müller erklärte, er habe keine Störer in den Bundestag geschleust. Er habe angemeldete Gäste in den Bundestag eingeladen, „die sich natürlich an die Regeln hielten“. „Bei deren Einlass verschaffte sich auch eine Bloggerin ohne meine Kenntnis mit Zugang über mein Büro, was ich erst am 19. November abends erfuhr“, teilte er mit. „Diese Bloggerin ging niemanden aggressiv an.“ Abgeordneter Kay Gottschalk sagte, "ich denke, die Fraktion wird hier Aufklärung nachhaltig betreiben, das müssen wir auch.“

Die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland hatten mit Blick auf die auf Video festgehaltene Belästigung von Altmaier gesagt: „Wir bedauern das inakzeptable Verhalten. Zu keinem Zeitpunkt hat die AfD-Fraktion jedoch Gäste mit dem Ziel in den Bundestag eingeladen, den parlamentarischen Ablauf zu stören oder Abgeordnete an der Ausübung ihres Mandates zu behindern.“

Spendenskandal mit Konsequenzen

Weidel hat auch an anderer Front zu kämpfen. Für rechtswidrig erhaltene Spenden soll die AfD nämlich erneut mehr als eine halbe Million Euro Strafe zahlen - konkret, weil 2017 auf das Geschäftskonto des AfD-Kreisverbandes Bodensee Spenden in Höhe von insgesamt rund 132.000 Euro von Schweizer Konten eingegangen sind. Die Chefin des Verbandes damals war die heutige Fraktionschefin, Alice Weidel.

Das ist jedenfalls Verstoß gegen das  Verbot vor, Spenden anzunehmen, die im Einzelfall mehr als 500 Euro betragen und deren Spender nicht feststellbar ist.

Spender nicht ermittelbar

Aufklären konnte die AfD den Sachverhalt nämlich nie. Sie hatte als Rechtfertigung eine Spenderliste vorgelegt, teilte 2019 dann aber mit, „dass mittlerweile acht angebliche Spender gegenüber der Staatsanwaltschaft Konstanz erklärt hätten, nicht gespendet zu haben“. Danach hieß es, die Partei verfüge „nicht über belastbare Erkenntnisse, wer der wahre Spender sei“.

Für die Partei selbst ist die Strafe nicht gerechtfertigt. Der Parteivorsitzende Tino Chrupalla sagte, in einer Zeit, „in der die Regierungsparteien größte Einschränkungen der Grundrechte durch den Bundestag peitschen, wird die stärkste Oppositionspartei diskreditiert“. Er betonte, die damals überwiesenen Gelder seien zurückgezahlt und nicht verwendet worden.

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