Ägypten: Woran der inhaftierte Regierungskritiker Shady Habash starb
Ein wegen der Produktion eines regierungskritischen Videos in Ägypten inhaftierter 24-Jähriger ist offiziellen Angaben zufolge an einer Alkoholvergiftung gestorben. Die ägyptische Staatsanwaltschaft teilte am Dienstag mit, der Mann habe eine wegen der Corona-Pandemie verteilte Flasche mit Desinfektionsmittel fälschlich für Wasser gehalten und die Flüssigkeit zu sich genommen.
Shady Habash habe in der Folge über Magenkrämpfe geklagt, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Als sich sein Gesundheitszustand verschlechterte, habe der Gefängnisarzt angeordnet, ihn ins Krankenhaus zu bringen. Er sei dann aber noch im Gefängnis gestorben.
Der Staatsanwaltschaft zufolge bestätigte ein Mitinsasse, dass Habash versehentlich Desinfektionsmittel trank. Menschenrechtsaktivisten zogen die offiziellen Angaben hingegen in Zweifel und sprachen von Fahrlässigkeit.
"Sonst sterbe ich"
Der Regisseur Habash hatte das Musikvideo für den Musiker und Aktivisten Rami Essam gedreht, in dem Präsident Abdel Fattah al-Sisi als Lügner verspottet wird. Habash war mehr als zwei Jahre in Haft, ein Prozess wurde ihm nie gemacht. In seinem letzten Brief schrieb er: "Das Gefängnis tötet nicht, die Einsamkeit schon. Ich brauche eure Hilfe, sonst sterbe ich."
Habash und ein Mitarbeiter wurden im März 2018 festgenommen, wenige Tage nachdem sie das Musikvideo zum Song "Balaha" veröffentlicht hatten. Der im Exil lebende Rockmusiker Essam kritisiert darin die Zustände in seinem Heimatland. Präsident Al-Sisi wird als "Balaha" bezeichnet - wörtlich "Dattel", umgangssprachlich aber auch eine Bezeichnung für einen berüchtigten Lügner.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Zustände in Gefängnissen in Ägypten seit Jahren. Immer wieder tauchen Berichte über Folter von Regierungsgegnern und Aktivisten auf.
Mai al-Sedany, eine Expertin des ägyptischen Rechtssystems sagte gegenüber dem Guardian, dass es vor Habashs Tod bereits erhebliche Bedenken wegen inhaftierten Regimekritikern und deren Verfolgung gegeben hat. Es gebe "nahezu automatische Haft vor einem Prozess", außerdem bedrohten schon allein die Zustände in den Gefängnissen die Gesundheit der Inhaftierten.
Al-Sisi geht seit seiner Machtübernahme im Jahr 2013 mit äußerster Härte gegen Kritiker vor. Menschenrechtlern zufolge wurden seitdem mindestens 60.000 Menschen inhaftiert. Darunter sind viele Aktivisten und politische Oppositionelle. Zahlreiche Prominente sind ins Exil geflohen, darunter Schauspieler und Schriftsteller.
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