Seit Wochen nicht angelobt: Mit ihrer Stimme könnten die Epstein-Akten freikommen

FILE PHOTO: U.S. government shutdown enters 21st day
Abgeordnete seit Wochen nicht angelobt.

Vor genau einem Monat schaffte Adelita Grijalva den erwartbaren Triumph: Bei den Lokalwahlen im siebten Kongressbezirk von Arizona gelang es der 54-Jährigen, mit 70 Prozent der Stimmen als Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses gewählt zu werden. Die Wahl war nötig geworden, weil ihr Vater, der den Bezirk bisher im Kongress vertreten hatte, im März verstorben war.

So weit, so normal im stark polarisierten Zweiparteiensystem der USA. Doch Grijalvas Sieg sorgt für immer größere Aufregung in Washington. Denn: Die Demokratin wartet noch immer auf ihre Angelobung durch den republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Mike Johnson. Der Verdacht liegt nahe, dass er auf Zeit spielt, um eine Abstimmung zu verhindern.

House Speaker Mike Johnson speaks on government shutdown

Mike Johnson, Fraktionsführer der Republikaner und damit Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses.

Abstimmung über Freigabe der Epstein-Akten nur mit Grijalva möglich

Mit Grivaljas Einzug kämen die Demokraten im Repräsentantenhaus wieder auf 214 Abgeordnete. Genug, um gemeinsam mit vier Ausreißern aus den Reihen der Republikaner auf die 218 nötigen Stimmen zu kommen, mit denen sie eine Abstimmung über die Freigabe der Ermittlungsakten im Fall des verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein erzwingen könnten. Ein entsprechender Antrag liegt seit zwei Monaten vor, eingebracht vom Republikaner Thomas Massie (Kentucky).

Johnson begründet die Verzögerung mit dem aktuellen Government Shutdown – also der seit drei Wochen stillgelegten öffentlichen Verwaltung in den USA aufgrund des weiterhin nicht beschlossenen Budgets. Weil dadurch auch der Kongress aktuell nur zu informellen Sitzungen zusammentritt, sei er nicht verpflichtet, Grijalva anzugeloben, so Johnson.

Die Demokraten sehen das naturgemäß anders, und nicht nur die: Am Dienstag erstattete die Generalstaatsanwältin von Arizona, Kris Mayes, beim Bundesgericht Anzeige gegen Johnson. Ihre Begründung: Der Mehrheitsführer habe erst im April zwei republikanische Abgeordnete bei informellen Sitzungen angelobt. 

Damit, dass er Grijalva ihren Platz im Parlament vorbehalte, verhindere er, dass die mehr als 800.000 Steuerzahler ihres Bezirks politisch repräsentiert sind – und das seit dem Tod von Grijalvas Vater im März. Das sei "Besteuerung ohne Vertretung – genau die Ungerechtigkeit, die vor 250 Jahren die Amerikanische Revolution auslöste."

Außerdem, schrieb Mayes in einem Gastbeitrag für MSNBC, sei Johnsons Weigerung „ein Versuch, die Öffentlichkeit daran zu hindern, die Wahrheit über einen der produktivsten Sexualstraftäter der US-Geschichte zu erfahren“.

Premier-Vergewaltiger?

In dieser Woche sorgen ohnehin neue Details zum Fall Epstein für Wirbel: In den posthum veröffentlichten Memoiren seines wohl prominentesten Opfers Virginia Giuffre behauptet diese, auf einer von Epsteins Feiern von einem „bekannten Premierminister“ vergewaltigt worden zu sein.

Johannes Arends

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