800 Corona-Tote an einem Tag in Russland: Sputnik hat das Schlimmste nicht verhindert
Als die Welt ungeduldig auf einen rettenden Corona-Impfstoff wartete, gelang Russland mit Sputnik V ein Durchbruch. Staatschef Wladimir Putin verkündete vor genau einem Jahr höchstpersönlich: Zum ersten Mal auf der Welt sei ein Impfstoff gegen das Coronavirus zugelassen worden.
Wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit des in Rekordzeit entwickelten Mittels aber legten die Forscher nicht vor. Noch immer gibt es offene Fragen. Geblieben ist Misstrauen, das Moskau bis heute nicht aus der Welt geräumt hat.
Und dieses Misstrauen ist besonders in Russland selbst zu spüren. Die Impfskepsis ist extrem groß. Andere Vakzine als Sputnik V sind in Russland nicht zugelassen.
Gerade einmal ein Fünftel der russischen Bevölkerung gilt bisher als vollständig geimpft. Einem Teil davon wurde die Entscheidung letztlich von den Behörden abgenommen: In über 40 russischen Regionen gilt jetzt Impfpflicht für bestimmte Branchen - etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen wie auch in der Gastronomie. In Betrieben müssen 60 Prozent der Angestellten geimpft sein.
Rekordzahl an Todesfällen
Doch die Pandemie holt sich schneller ihre Opfer als das Impftempo voranschreitet: Am Dienstag wurden 799 Corona-Todesfälle gemeldet - so viele wie nie zuvor seit Ausbruch der Pandemie. Bei den Neuinfektionen stieg die Zahl auf 20.765 Fälle.Insgesamt hat die Seuche in Russland eine verheerende Spur gezogen. Die Übersterblichkeit seit Beginn der Pandemie bis Jahresmitte 2021 betrug 530.000 Todesfälle.
Im Ausland scheint gegenüber dem russischen Vakzin weniger Skepsis zu herrschen: In 69 Ländern sei Sputnik V mittlerweile registriert, erklärt der Fonds, der das Vakzin im Ausland vermarktet. Zu den Abnehmern gehören die Staaten der Ex-Sowjetrepublik ebenso wie viele in Südamerika, die Türkei, der Iran und Indien, aber auch Ungarn und die Slowakei.
Fuß fassen möchte Russland auch auf dem lukrativen Markt in der EU. Doch ob es damit etwas wird, ist ungewiss. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) prüft den Impfstoff bereits seit Anfang März. Ihr Urteil entscheidet, ob die EU-Kommission dann im nächsten Schritt die offizielle Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt.„Bislang ist es dem Hersteller nicht gelungen, genügend valide Daten zu liefern, um die Sicherheit nachzuweisen“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor wenigen Tagen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Moskau zeigt meist wenig Interesse an Transparenz, was sein Auslandsgeschäft mit Sputnik V angeht. Im Frühjahr errechneten unabhängige russische Medien, dass nur ein Bruchteil der zugesagten Dosen tatsächlich ausgeliefert worden sei. Zuletzt räumte der Staatsfonds immerhin Lieferengpässe ein.
Diese Probleme sollten aber in diesem Monat behoben werden, versprach der Fonds. Ab September soll etwa auch der weltgrößte Impfstoffhersteller, das Serum Institute in Indien, über 300 Millionen Dosen pro Jahr liefern.
Putin selbst hatte eine Impfung monatelang hinausgezöägert, um sich erst im März ohne Kameras einen Impfstoff verabreichen zu lassen. Erst vor Kurzem verriet er, dass er Sputnik V bekam.
Zum PR-Desaster wurde der Ratschlag, rund um eine Impfung 52 Tage auf Alkohol zu verzichten. Tagelang wurde darüber hitzig diskutiert.
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