Leicht macht man es der ehemaligen Teilrepublik Jugoslawiens nicht bei ihrer Suche nach einer Identität. Gerade erst hat ja der jahrzehntelange Streit mit Griechenland um den Namen Mazedonien geendet. Schließlich hatten ja auch die Griechen gemeint, dass Mazedonien ohnehin nur ihnen gehöre.
Staaten und ihre Grenzen sind auf dem von Krieg und Migration zerfurchten Balkan seit Jahrhunderten zerbrechliche, explosive Gebilde. Ein Grund, warum nationalistische Wahnideen hier besonders oft und heftig hochkochten – und bis heute hochkochen. Die Region war immer Durchfahrtsstraße und Schlachtfeld für Großmächte, vom Osmanischen Reich über Russland, Österreich-Ungarn bis eben zu den USA. Die traten ja in den 1990ern als Friedensstifter auf, und das heutige Problem Kosovo ist eine auch langfristige Folge all dieser Interventionen. Der endlose Streit mit Serbien und mit der serbischen Minderheit: Für viele der politischen Drahtzieher bis heute das geeignete Mittel, um von den riesigen wirtschaftlichen und sozialen Problemen abzulenken.
Es ist das immer gleiche Muster, nach dem Politik auf dem Balkan gemacht wird, und das seit Jahrhunderten. Immer sind es ausländische Interessen, die hier Menschen und Grenzen verschieben, politische Günstlinge in Machtpositionen hieven und Verhältnisse schaffen, die wirkliche Entwicklung unmöglich machen.
Das tatsächliche Interesse daran, der Region eine langfristige Zukunftsperspektive zu verschaffen, ist gering. Die EU hat Ländern wie Serbien oder Nordmazedonien die Tür zugeschlagen.
Der Warnruf vom Balkan, dass man die Region so in die Arme Russlands, oder Chinas treibe, verhallt inzwischen ungehört.
China baut Eisenbahnen in Serbien, Russland finanziert orthodoxe Kirchen und Gasleitungen und stattet das serbische Militär großzügig mit modernen Waffen aus.
Großmachtspiele wie sie nicht nur Russland schon im 19. Jahrhundert auf dem Balkan spielte, gegen andere europäische Großmächte. Der Unterbauch, in dem man sich damals festsetzte, war der des zerfallenden Osmanischen Reiches.
Österreich-Ungarn, selbst längst ein kränkelndes Staatsgebilde, übte sich etwa mit der militärischen Besetzung Bosnien-Herzegowinas noch einmal in Großmacht-Posen. Eisenbahnen zu bauen war übrigens schon damals eine wichtige Geste für die neuen Herren auf dem Balkan. Die „Bosnabahn“, auf deren Strecke bis heute gefahren wird, ließ die k.u.k. Armee bauen.
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