Ägyptens Justiz bewies Mut und Weitsicht
Es sind natürlich politische Urteile, die am Samstag über Ägyptens ehemaligen Machthaber und einige seiner Adlaten gesprochen wurden. Und es hätte so oder so Widerspruch ausgelöst in einem Land, das zu tiefst gespalten ist: Ein Freispruch, wie ihn alte Mubarak-Anhänger forderten, wäre – politisch – schier undenkbar gewesen, wenngleich die Beweislage eher dünn war. Die Todesstrafe, was die Hardliner des Reformer-Lagers wollten, hätte den "Pharao" in bestimmten Kreisen zum Märtyrer gemacht und dem Kandidaten des alten Regimes in der Präsidentenstichwahl, Ex-Premier Shafik, unter Umständen sogar mit einem "Opfer-Bonus" geholfen. Eine Vertagung bis nach dem Urnengang in zwei Wochen wäre wohl die bequemste Variante gewesen, doch Justitia entschied mutig anders – und das weise: Lebenslange Haft für Mubarak als goldener Mittelweg.
Dass etliche Schergen freigingen, ist zwar der große Makel des Gerichtsverfahrens, aber dass erstmals ein arabischer Despot (nach Saddam Hussein) in einem einigermaßen fairen Prozess zur Verantwortung gezogen wurde, verdient Respekt und Anerkennung. Zugleich kann es nur der Anfang sein. Die ganze 30-jährige Ära Mubarak gehört nun gründlich aufgearbeitet, das konnte das gestern zu Ende gegangene Verfahren nicht liefern.
Wahrheitskommission
Wahrheitskommission Dazu braucht es neue Prozesse und auch einen zivilgesellschaftlichen Prozess. Eine Wahrheitskommission, wie sie Südafrika nach dem Ende der Apartheid einsetzte, wäre dazu das geeignete Instrument. Mit ihr könnten die breiten sozialen Gräben, die entstanden sind, langsam zugeschüttet werden. Und nichts würde das krisengeschüttelte Land derzeit mehr brauchen als ein friedliches Miteinander.
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Hintergrund
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