„Abkühlphase“ für Väter bei gemeinsamer Obsorge

"Bei uns ist es so, dass er die gesamte Wäsche macht." Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) lässt lieber ihren Mann ans ungebügelte Hemd.
Frauenministerin Heinisch-Hosek ist gegen „Automatik durch die Hintertür“. Richter sollen weiterhin über die Obsorge entscheiden.

Rund 17.000 Ehen gingen im vergangenen Jahr in die Brüche. Der überwiegende Teil der Trennungen läuft einvernehmlich ab. Aber etwa zehn Prozent der Männer und Frauen, die den Ehering ablegen, kriegen sich in die Haare. Besonders heikel sind strittige Scheidungen, wenn Kinder betroffen sind. Soll es in diesen Fällen automatisch eine gemeinsame Obsorge geben? Das ist die zentrale Frage in den Verhandlungen für ein neues Familienrecht zwischen Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ).

Kindeswohl

Im Entwurf der Justizministerin steht sinngemäß, dass die gemeinsame Obsorge weiterlaufen soll, wenn es dem Kindeswohl nicht schadet. Das missfällt der Frauenministerin: „Das ist eine Automatik durch die Hintertür.“ Heinisch-Hosek will zwar, dass Väter bei strittigen Scheidungen die gemeinsame Obsorge beantragen können, aber „nach einer gewissen Abkühlphase“. Und entscheiden sollen die Richter. Derzeit sind beide Elternteile nach Scheidungen dann erziehungsberechtigt, wenn sie sich darauf verständigen. Nicht einverstanden ist Heinisch-Hosek mit Karls Plan, dass uneheliche Väter nun beim Standesamt die gemeinsame Obsorge bekannt geben sollen – durch Vorlage einer notariell beglaubigten Erklärung der Mutter. Das hieße, wenn die Geburt beim Standesamt gemeldet wird, könnte auch gleich die gemeinsame Obsorge festgelegt werden.

Die Frauenministerin befürchtet, dass in solchen Fällen „Frauen, die dann noch im Wochenbett liegen, unter Druck gesetzt oder überrumpelt werden könnten“. Sie möchte, dass der Obsorge-Antrag weiterhin bei Gericht gestellt wird. Außer Streit steht für Heinisch-Hosek, dass künftig ledige Väter einen Antrag auf gemeinsame Obsorge gegen den Willen der Mutter stellen können. Das verlangt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte.

Bewährungsprobe

Heinisch-Hosek wünscht sich aber „einen zeitlichen Puffer“. Das heißt, der Vater soll sich zunächst in seiner neuen Rolle bewähren. Wie lange soll es dauern, bis er einen Obsorge-Antrag stellen kann? Heinisch-Hosek nennt „ein halbes Jahr oder ein Jahr“ als Beispiel – „das ist verhandelbar“. Positiv sieht die Ministerin, dass in Karls Gesetzesentwurf Doppelnamen für Kinder vorgesehen sind; dass das Besuchsrecht bei Scheidungen mitgeregelt wird; und dass das Kindeswohl bei Obsorge-Entscheidungen per Gesetz im Mittelpunkt steht.

Heinisch-Hosek wünscht sich aber, dass auch Homo-Paare einen gemeinsamen Namen führen dürfen (wenn sie „verpartnert“ sind). Sie begrüßt auch, dass Patchwork-Eltern mehr Rechte bekommen, meint aber, dass das auch für schwule oder lesbische „Patchwork-Ehepaare“ gelten soll. Ob das Familien-Paket, wie von Karl angepeilt, im Herbst festgezurrt wird, ist offen. Heinisch-Hosek sagt: „Qualität geht vor Tempo.“

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