Die Lehren aus London - Kuhnle soll "ihr Ding durchziehen"

Die Lehren aus London - Kuhnle soll "ihr Ding durchziehen"
Die zweimalige Weltmeisterin Corinna Kuhnle will nach mehreren missglückten Großereignis-Anläufen im Wildwasser von Rio de Janeiro endlich wieder in die Medaillenränge paddeln. Die Niederösterreicherin gehört im Kajak-Einer-Feld mit nur 21 Fahrerinnen als Weltcup-Titelverteidigerin und -Finalstammgast zum erweiterten Favoritenkreis.

Heuer hat die Olympia-Achte von London nach der EM (7.) nur einen Weltcup (3.) bestritten. Seit der Anfang Juni dadurch geschafften internen Qualifikation gegen Violetta Olbinger-Peters galt ihre Konzentration der Olympia-Strecke. Den künstlichen Kanal in Deodoro kennt sie nach einem dreiwöchigen Trainingslager und den zahlreichen Fahrten seit ihrer neuerlichen Ankunft am 25. Juli mittlerweile in- und auswendig.

"Die Strecke passt ganz gut, es hat keine negativen Geschichten gegeben. Sie ist ähnlich wie in Wien. Nicht so wuchtig wie London, aber anspruchsvoll, und sie hat auch ihre Eigenheiten", erläuterte Kuhnle vor ihren Vorlaufeinsätzen am Montag. Vor vier Jahren in London war die Weltmeisterin von 2010 und 2011 an den eigenen und öffentlichen Medaillenerwartungen gescheitert. Daraus habe sie ihre Lehren gezogen. "Damals habe ich den Stress an mich herangelassen, jetzt bin ich älter und reifer, weniger auf Ergebnisziele fixiert. Ich habe daraus viel gelernt."

Ihr Trainer Michael Seibert verbreitet Zuversicht. Für den seit 2013 mit Kuhnle zusammenarbeitenden Deutschen gehört sie zum "erweiterten" Favoritenkreis. "Ich weiß, was sie kann, wenn sie das bringt, brauchen wir uns nicht zu verstecken", sagte Seibert im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. Heiße Medaillentipps sind für ihn die Australierin Jessica Fox, die Spanierin Maialen Chourraut, Weltmeisterin Katerina Kudejova und seine Landsfrau Melanie Pfeifer.

Die Annahme, dass Kuhnle auch nach London noch öfters am schlechten Nervenkostüm gescheitert sei, weist Seibert zurück. Bestes Beispiel für ihre mentale Stärke sei die Rio-Quali. In dieser habe sie im Duell mit Oblinger-Peters nach der verpatzten WM 2015 mit dem Rücken zur Wand zweimal zurückgeschlagen. "Das war die schwerste Quali, die in Österreich jemals gefahren worden ist. Sie hätte nach dem Rückstand nicht einen Lauf vergeigen dürfen, sonst wäre sie draußen gewesen, es hing ein Damoklesschwert über ihr. Diese Situation hat sie gut und souverän gemeistert."

Deshalb ist er auch für Rio guter Dinge. "Wenn ich das kann, kann ich auch den Olympischen Wettkampf gut meistern." Man habe freilich auch an den mentalen Voraussetzungen gefeilt. "Wir haben daran gearbeitet, dass sie die Emotionen im Griff hat, dass sie trotzdem stur ihren Rhythmus, ihr Ding durchzieht - nicht wie bei der WM - das hat heuer super geklappt." Dazu wäre Kuhnle in den letzten ein, zwei Saisonen wohl nicht in der Lage gewesen. Im Training seien Situationen, in denen etwas schiefgeht, eingeübt worden. "Sie hat das gnadenlos abschüttelt, das hat gut geklappt."

Dass sie im Gegensatz zu vielen Konkurrentinnen seit Anfang Juni keinen Wettkampf bestritten hat, erachtet Kuhnle nicht als Nachteil. "Ich habe bewusst auf die Vorbereitung gesetzt, im Training habe ich mich aber mit den Mädels gemessen." Wie dieser Vergleich ausgefallen ist, verriet sie nicht.

Sie sei aber jedenfalls zuversichtlich, bekräftigte Kuhnle. Ihr erstes Zwischenziel ist der Halbfinaleinzug und dann das Finale der besten zehn. Das sei im eng zusammenliegenden Feld ohnehin schwer genug.

Kommentare