"Verstehe nicht, warum man rechtsextreme Politiker wählt"
Katharina Stemberger löst in der SOKO Linz als Joe Hainzinger Kriminalfälle in Oberösterreich.
Als zivilgesellschaftliche Aktivistin macht sie mit ihrem Buch „Courage“ Mut, seine Stimme zu erheben, auch wenn es unbequem ist.
KURIER: Wer ist couragierter: Kommissarin Joe Hainzinger von SOKO Linz oder Katharina Stemberger?
Katharina Stemberger: Das müssen andere beurteilen. Aber je länger ich die Figur spielen darf, desto näher kommen sich Kommissarin und Schauspielerin.
Welche Beziehung haben Sie zur Kommissarin?
Bei einer Serienfigur kommt man nicht umhin, sich diese immer mehr ans Herz zu drücken. Und im Gegensatz zur ersten Staffel, wo die Drehbücher schon fertig waren, wussten die Autorinnen in der zweiten Staffel, für wen sie schreiben.
Gab es deshalb nach der ersten Staffel mehr Kritik als bei der zweiten?
In der ersten Staffel müssen alle erst zusammenfinden. In Linz hat es von Stadt und Land eine große Erwartungshaltung gegeben, die Stadt in seiner ganzen vielfältigen Schönheit, die sie ja hat, darzustellen. Das haben wir in der ersten Staffel nicht ganz eingelöst. Aufregung ist immer besser als Gleichgültigkeit, nur das Ausmaß in den sozialen Medien war ein bisschen lächerlich.
Hat Sozial- und Gesellschaftskritik in einer leicht verträglichen Form der Unterhaltung Platz?
So leicht verträglich sind wir gar nicht, wir haben ja immer eine Leich’. Wir tauchen auch in schwierige Themen unserer Gesellschaft ein. Bei all diesen Gewalttaten stehen Leben dahinter. Das ist nicht immer das personifizierte Böse. Das kann auch das patscherte oder unglückliche Leben sein. Oder das Ergebnis einer Biografie, die falsch abgebogen ist. Dort wird es menschlich, das interessiert mich. Gerade im Serienformat kommst du nicht umhin, deine Haltung als Mensch mitzunehmen, weil du ja auch Teil der Geschichte bist. Vorausgesetzt, du hast eine Haltung.
Was uns zu Ihrem Buch „Courage“ bringt. Was hat Sie motiviert?
Der Molden Verlag ist an mich herangetreten, weil ich mich in gesellschaftspolitischen Fragen immer wieder zu Wort melde. Mich interessiert, warum Menschen etwas tun und andere Sachen lassen. Da ist dieser Courage-Begriff aufgekommen, der ja vor allem eins in sich trägt: Das Herz, Coeur. Der Mut alleine ist es nicht. Mutig ist es auch, eine Bank zu überfallen. Die Courage hat viele Cousinen und Cousins: Solidarität, Hoffnung, Freundschaft. Diese Begriffe sind der eigentliche Kitt einer Gesellschaft.
Wann ist man couragiert?
Vor der Courage braucht es noch die Empathie. Die Zuwendung zum anderen lässt dich auch über dich selbst hinauswachsen.
Sie haben die Aktion „Courage – Mut zur Menschlichkeit“ gegründet, die auf grundlegende Menschenrechte abzielt. Aber die Politik redet über eine Abschaffung von Menschenrechten.
Die Politik kann sich viel überlegen. Aber das Gegenüber ist die Zivilgesellschaft. Wir haben verschiedene Möglichkeiten, zu entscheiden, wie es in einem Land zugeht. Wahlen sind eine Sache. Ich finde es ein bisschen schwach, wenn man aus Protest seit 30 Jahren eine Partei wie die FPÖ wählt, die noch nie etwas gelöst hat und nur Gift und Spaltung in die Gesellschaft bringt. Ich verstehe den Ärger, nicht aber, warum man rechtsextreme Politiker wählt.
Sie haben sich nie ein Blatt vor den Mund genommen. Lohnt es sich, anzuecken?
Die Frage ist: Was ist der Lohn? Bei mir ist es, dass ich mir im Spiegel in die Augen schauen kann. Dass du dafür zahlst, ist klar. In einer Demokratie haben wir viele Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass wir zu unserem Recht kommen. Es trifft auf unser Land nicht zu, aber wir müssen gut aufpassen, dass wir nicht in einer Demokratie schlafen gehen und in einer Diktatur aufwachen.
Das geht nicht ohne Diskussionen.
Und nicht ohne Tabubrüche. Es gibt viele Auseinandersetzungen, die ich geführt habe, die mir das Leben nicht leichter gemacht haben. Oft sitzt man leider am kürzeren Ast. Aber da wird es erst spannend. Ich habe Menschen beobachtet, die mit sehr viel Kalkül durchs Leben gegangen sind. Manche schwimmen tatsächlich immer weiter rauf.
Das geht aber nicht immer gut.
Oft sind das sehr gefangene Menschen. Gefangen im System, danach zu schielen, was gerade günstig wäre. Ich kann mir nicht vorstellen, so zu leben.
Katharina Stemberger
Schauspielerin, Professorin, Produzentin und zivilgesellschaftliche Aktivistin, geboren am 28. 12. 1968 in Wien
Backyard
Mit ihrem Mann Fabian Eder betreibt sie die Filmfirma Backyard – Manufaktur für Film
Präsentation
Am 2. Mai wird das Buch „Courage“ um 20 Uhr im Linzer Posthof präsentiert
Katharina Stemberger
„Courage. Warum es sich lohnt anzuecken“
Molden Verlag
192 Seiten
27 Euro
Woher nehmen Sie die Kraft für Ihr zivilgesellschaftliches Engagement?
Da komm ich wieder zur Empathie. Mich berührt etwas und ich tue mir schwer, das dann zu vergessen oder zu sagen: Das hat nichts mit mir zu tun. Oft ist es leichter, auf andere zu schauen als auf sich selber. Die Empathie für sich selbst ist aber sehr wichtig. Das habe ich lernen müssen.
Kommen wir zurück nach Linz: Was verbinden Sie mit der Stadt?
Ich freue mich wahnsinnig darauf, im Mai wieder hier zu drehen. Beim dritten Mal ist es jetzt ein bisschen wie nach Hause kommen. Die Drehbücher sind richtig gute Geschichten, ich habe ein großes Glück, diese Arbeit zu haben.
Wie würden Sie Linz beschreiben?
Mit den Worten meiner Tochter würde ich sagen: Gmiadlich. Gemütlich.
Was mögen Sie an Linz?
Dass ich ganz viel zu Fuß oder mit dem Fahrrad machen kann. Viel Zeit hab ich ja nicht neben dem Drehen, aber der Botanische Garten, für den ich eine Jahreskarte habe, ist so ein Ort, wo ich auftanken kann. Und weil ich die Teekultur der Engländer mag, bin ich sehr gerne bei Madame Wu. Oder am Abend an der Donau etwas trinken. Ich bin gern an Plätzen, wo es sich nicht so staut.
Abschließend noch ein Blick in das Nachbarbundesland Niederösterreich, wo Sie auch viel arbeiten: Was sagen Sie zur Koalition?
Ich finde das grauslich. Zumal man sich die Vertreter der FPÖ nicht mehr schönreden kann. Das sind einfach Rechtsextreme und Rassisten. Ich frag mich auch, wo die christlichen Werte der Schwarzen geblieben sind. Aber das frage ich mich schon seit vielen Jahren. Dem allgemeinen Klima tut es nicht gut. Und es hat immer viel Geld gekostet, wenn die Freiheitlichen in eine Regierung gekommen sind.
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