Ivan Vlaho: „Unser Fokus liegt jetzt auf Wachstum“
Wie lässt sich nachhaltiges Wachstum nach Jahren der Optimierung in einer der größten Banken Österreichs erreichen? Ivan Vlaho, seit April des Jahres CEO der UniCredit Bank Austria, verrät im KURIER-Interview, wie er mit Innovationen, Digitalisierung und intelligenten Produkten die Bank in eine neue Wachstumsphase führen will.
KURIER: Sie sind seit sechs Monaten CEO der Bank Austria. Was sind Ihre ersten Eindrücke – von der Bank und dem österreichischen Markt?
Ivan Vlaho: Die UniCredit Bank Austria ist DIE Bank in Österreich, bis vor Kurzem kamen auch viele Top-Manager anderer Banken aus der Bank Austria, wir sind also ein wesentlicher Akteur der österreichischen Finanzwirtschaft. Bei allen relevanten Kennzahlen wie Bilanzsumme, Krediten und Einlagen spielen wir in Österreich bei einer Betrachtung nach Einzelinstituten eine führende Rolle. Die Bank Austria ist ja ausschließlich ein Akteur in Österreich, denn die CEE-Beteiligungen sind in der UniCredit Gruppe gebündelt und neben meiner Rolle als CEO der Bank Austria bin ich auch stellvertretender Leiter der CEE-Division in der UniCredit.
Welche Bedeutung hat die Bank Austria innerhalb der gesamten Gruppe?
Die UniCredit Bank Austria spielt eine zentrale Rolle innerhalb der UniCredit. Der österreichische Markt ist einer der Kernmärkte der Gruppe und macht rund 15 bis 16 Prozent des Gesamtgeschäfts aus. Damit zählt Österreich zu den wichtigsten Wachstumsmärkten innerhalb der Gruppe, auf den wir auch in Zukunft weiter setzen wollen.
Welche Ziele verfolgen Sie als neuer CEO der Bank Austria?
Unser Ziel ist es, das kommerzielle Wachstum voranzutreiben. Natürlich bleibt die Optimierung unserer Prozesse wichtig, aber jetzt liegt der Fokus auf Wachstum, insbesondere in bestimmten Kundensegmenten. Aktuell betreuen wir 1,6 Millionen Kunden, und wir wollen diese Zahl weiter steigern. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf kleinen und mittleren Unternehmen sowie auf wohlhabenden Privatkunden. Es gibt in Österreich über 50.000 Unternehmen mit einem Umsatz zwischen ein und 50 Millionen Euro – das bietet enormes Potenzial. Gleichzeitig ist es für uns entscheidend, die Kundenzufriedenheit weiter zu verbessern, um Wachstum zu generieren. Dazu kommen die klassischen Ziele: bessere Erträge, niedrigere Kosten und eine bessere Cost-Income-Ratio. Diese Punkte stehen für mich als CEO klar im Vordergrund.
Aber welche Perspektiven wollen Sie den Mitarbeitern und Ihren Kunden damit geben?
Wir möchten die Mitarbeiter, die durch ihre Leistungen einen echten Mehrwert schaffen, besser entlohnen und fördern. Für unsere Mitarbeiter heißt das: mehr Entwicklungsmöglichkeiten und langfristige Perspektiven. Der Wandel, den wir anstreben, soll allen zugutekommen. Um meine Ziele für unsere Kunden auf den Punkt zu bringen: Wir wollen die Kundenzufriedenheit steigern, den Trend von Optimierung der Abläufe zu deutlichen Verbesserungen umkehren, damit Kunden gewinnen und Wachstum erzielen.
Wie planen Sie, mehr Unternehmenskunden für die Bank Austria zu gewinnen?
Unser Ansatz basiert auf zwei Hauptsäulen: Qualität und Preis. Wir werden unsere Qualität in verschiedenen Bereichen weiter stärken und arbeiten an neuen, innovativen Angeboten und Kanälen. Diese werden stark auf Wettbewerbsfähigkeit und höchste Qualität ausgerichtet sein, besonders in Segmenten, in denen wir traditionell nicht so stark waren. Auch bei der Preisgestaltung bleiben wir attraktiv – sei es bei Krediten, Einlagen und Gebühren. Wir wollen in allen Bereichen wettbewerbsfähige Preise bieten, die den Bedürfnissen unserer Kunden entsprechen.
Haben Sie vor, Ihr digitales Geschäft weiter auszubauen?
Wir haben eine sehr wettbewerbsfähige Mobile App, diese ist hervorragend, und wir planen, sie noch weiter zu verbessern. Interessanterweise sind wir bereits Spitzenreiter auf dem österreichischen Markt, wenn es um die Nutzung geht – der Anteil unserer Kunden, die die App aktiv nutzen, ist höher als der Marktdurchschnitt. Unser Ziel ist es, diesen Vorsprung weiter auszubauen und unseren Kunden das beste digitale Erlebnis zu bieten.
Wie wichtig sind Innovationen für die Bank Austria, und wie planen Sie, diese umzusetzen?
Innovation ist für die UniCredit Bank Austria und die gesamte Branche entscheidend. Im Sommer 2025 werden wir neue digitale Lösungen einführen, die unser Angebot deutlich verbessern. Der österreichische Markt ist traditionell geprägt, daher müssen wir moderne Services mit bewährten Strukturen kombinieren. Unsere Kunden schätzen diese Balance.
Was sind die Haupttrends im Finanzjahr 2025?
Wir erwarten, dass 2025 den Beginn einer schrittweisen Erholung darstellt. Zwar wird das BIP in Österreich dieses Jahr voraussichtlich um 0,5 Prozent sinken, aber die Europäische Zentralbank hat bereits begonnen, die Zinsen zu senken, was der Wirtschaft Auftrieb geben wird. Nach den Herausforderungen der letzten Jahre scheint sich die Inflation zu stabilisieren, und wenn dieser Trend anhält, könnte 2025 das erste Jahr des Wachstums nach einer längeren Durststrecke sein.
Was sind die größten Herausforderungen für Banken in den kommenden Jahren?
Die größte Herausforderung ist die wirtschaftliche Stagnation, die auch eng mit unserer starken Verbundenheit mit dem deutschen Markt zusammenhängt. Zudem spielt die zunehmende Regulierung eine Rolle, die oft nicht flexibel genug ist. Um es aus Bank Austria Sicht zu sagen: Wir haben eine sehr robuste Kapitalausstattung, hohe Liquidität und wir sind bereit, die lokale Wirtschaft mit Finanzierungen zu unterstützen. Zudem werden Innovation und ein starkes Kundenerlebnis für Banken entscheidend sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wie sehen Sie die Banken-Regulierung im Hinblick auf die aktuellen Herausforderungen?
In Europa besteht Verbesserungsbedarf für weniger Bürokratie und mehr Flexibilität. Effektive Regulierung bedeutet, neue Regeln einzuführen und gleichzeitig unnötige alte Vorschriften abzubauen. Dadurch werden die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Innovation verbessert.
Die KIM-Verordnung war ein großes Thema im letzten Jahr. Wie stehen Sie dazu?
Leistbares Wohnen ist die Priorität von uns allen, sowohl vonseiten der Politik als auch von uns Banken. Vor allem bei höheren Zinsen gibt es für die Kreditnehmer Herausforderungen, aber glücklicherweise hat sich der Zyklus steigender Zinsen wieder umgekehrt und die Zinsen fallen wieder. Die Hypothekarkredit-Vergabe hat sich seit Anfang 2022 mehr als halbiert, und wir sehen jetzt wieder eine leichte Trendumkehr. Die KIM-Verordnung stellt kein großes Problem dar, aber sie muss in diesen Kontext gestellt werden und sollte bei einem Blick nach vorne auch wieder überdacht werden.
Wie beurteilen Sie die Lage der österreichischen Unternehmen und welche Anreize sind nötig, um die Wirtschaft zu beleben?
Wir müssen den Standort attraktiver machen, sowohl für heimische als auch für internationale Unternehmen. Österreich hat das Potenzial, eine regionale Drehscheibe in vielen Branchen zu sein, aber dafür müssen wir die Rahmenbedingungen weiter verbessern.
Was ist Ihre langfristige Vision für die Bank?
Wir wollen die Bank auf Wachstumskurs bringen. Wir wollen unsere Stärke in allen Kundensegmenten ausbauen, Talente fördern und Innovation vorantreiben. Nach einer langen Phase der Optimierung und Effizienzsteigerung in den letzten 15 Jahren ist es nun Zeit, den Schalter umzulegen und uns voll auf nachhaltiges Wachstum zu fokussieren. Bei dieser Trendumkehr geht es nicht um kurzfristige Erfolge, sondern um neuerlich langfristige Trends, um die Bank zukunftssicher und wettbewerbsfähig zu machen. Das ist meine Vision.
Zur Person:
Ivan Vlaho, 50, ist seit dem 1. Mai der neue CEO der Bank Austria und zugleich stellvertretender Leiter der Region CEE bei UniCredit. Der studierte Ökonom ist seit 2000 bei der UniCredit tätig und bekleidete seither zahlreiche Führungspositionen, unter anderem in Bosnien-Herzegowina, Ungarn und zuletzt als CEO der Zagrebacka Banka in Kroatien. Von 2016 bis 2019 war Vlaho bereits in Wien tätig, als Head of Retail CEE
Die UniCredit Bank Austria in Zahlen, 1. Halbjahr 2024:
- Bilanzsumme: 113 Mrd. Euro, +10,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum
- Betriebserträge: 1.359 Mio. Euro, +7,1 Prozent
- Betriebsergebnis: 851 Mio. Euro, +9,2 Prozent
- Nettogewinn: 692 Mio. Euro, +22,5 Prozent
- Cost-Income-Ratio: 37,6 Prozent, -3,2 Prozentpunkte
- Harte Kernkapitalquote: 19,4 Prozent, +0,1 Prozentpunkte
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