Sturmwarnung am Finanzplatz Schweiz

Die Turbulenzen rund um die angeschlagene Schweizer Großbank Credit Suisse haben sich am Donnerstag etwas beruhigt. Denn die Schweizer Notenbank hat ihr eine Atempause verschafft, indem sie der Bank mit Krediten in Höhe von 51 Milliarden Euro unter die Arme greift.
Damit soll nicht nur der Abzug an Kundeneinlagen in dreistelliger Milliardenhöhe abgefedert sondern auch verlorenes Vertrauen wieder zurückgewonnen werden. Groß sind nämlich in Europa die Befürchtungen, dass die Misere der Credit Suisse auf Banken in anderen Ländern überschwappen könnte.
„Wenn man es nicht rechtzeitig angeht, kann es zu einem Flächenbrand kommen. Das kann man vergleichen mit einer brennenden Zigarette, die man im Wald wegwirft. Wenn man nicht gleich drauf steigt, entsteht ein großer Waldbrand, den man schwer unter Kontrolle bekommt“, sagt Finanzanalyst Aaron Alber von Raiffeisen Research. „Die Credit Suisse hatte schon vorher Probleme und ist ein Einzelfall. Sie ist so groß, dass man sie nicht fallen lässt. Die Schweiz hat entsprechende Antworten gefunden. Somit sollte sich kein Flächenbrand entwickeln“, sagt Alber. Ähnlich sieht es auch Finanzminister Magnus Brunner (siehe Seite 6).
Risikomanagement
„Die Credit Suisse bleibt ein lokales Phänomen. Ich gehe nicht davon aus, dass das fundamental auf die Bilanzen anderer Banken überschwappt“, sagt auch Friedrich Mostböck, Chefanalyst der Erste Group. Diese Misere der Bank beruhe auf einem Führungsproblem, „weil in der Vergangenheit offensichtlich das Risikomanagement vernachlässigt worden ist“. Die Bank sei auch deshalb ein lokales Phänomen, weil sie in den vergangenen Jahren nur wenige Fettnäpfchen ausgelassen habe (siehe unten). Das wesentliche Problem sei, dass die Bank massiv Kundengelder verliere, weil ein Vertrauensverlust eingetreten sei.
„Das hat zum Glück mit der Euro-Zone nichts zu tun und auch nicht mit dem österreichischen Finanzsektor“, sagt Mostböck. „Natürlich schüttelt es die Märkte durch, und es ist kurzfristig unangenehm und schlecht für die Grundstimmung am Markt.“ Es sorge am Ende für Verunsicherung. So sei derzeit ein Einstieg in Aktienmärkte nicht ratsam, weil diese sehr schwanken. Laut Mostböck sollte man abwarten, „bis sich der Staub wieder gelegt hat“.
Auch der Wiener Vermögensverwalter Wolfgang Matejka sieht in der Causa Credit Suisse „ein strukturelles Problem und keinen systemischen Fehler im Bankensystem“. „Ich glaube nicht, dass das zu einem parallelen Effekt bei anderen Banken führen wird“, sagt Matejka.
Refinanzierung
Die Credit Suisse sei schon länger von Hedgefonds attackiert worden und hat sich immer wieder öffentlich wegen ihrer Kundenstruktur verteidigen müssen. Gleichzeitig habe die Bank, um die Probleme loszuwerden, begonnen, ein massives Investitionsprogramm zu stemmen. „Es hat das Ziel, genau die kritischen Bankbereiche, vor allem das Investmentbanking, abzustoßen“, sagt der Fondsmanager. „Vielleicht überlegt man sogar eine Fusion von Geschäftsbereichen mit der UBS. Denn, was die Schweizer nicht wollen, ist eine Diskussion über den Finanzplatz.“ Er sagt auch, dass sich die Banken in Europa heute viel besser über die Notenbanken refinanzieren können als noch vor etlichen Jahren. Das sei eine Schutzfunktion, die sich entwickelt hat.
Matejka: „Ich finde, die Geschichte ist hochgespielt, die Gefahr ist sehr punktuell. So gefährlich wie in der großen Finanzkrise 2008 ist das mit Sicherheit nicht.“
Kommentare