"Verlässlicher Partner in Europa": Schallenberg versucht, EU-Spitze zu beruhigen

Eine künftige Regierung zu bewerben, bei der man selbst nicht mitmachen will: keine leichte Aufgabe; auch für einen erfahrenen Spitzendiplomaten nicht. Alexander Schallenberg versuchte es mit einem Blitzbesuch in Brüssel. Der bisherige Außenminister, der nach 2021 zum zweiten Mal als Interims-Bundeskanzler in die Bresche springt, war am Montag bei EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola, bei EU-Außenministerin Kaja Kallas und zuletzt bei EU-Ratspräsident António Costa. Lediglich mit Ursula von der Leyen kam kein persönlicher Termin zustande. Die EU-Kommissionschefin ist wegen ihrer schweren Lungenentzündung weiterhin außer Gefecht und zu Hause in Hannover.
Die Botschaft dieser Gespräche machte Schallenberg vor der Presse deutlich: „Österreich ist und bleibt ein verlässlicher Partner in Europa und in der Welt.“ Grundwerte der Demokratie seien „nicht verhandelbar“.
Der Wahlsieg der FPÖ unter Herbert Kickl hatte schon im Herbst für Rumoren bei vielen EU-Vertretern gesorgt. Dass die ÖVP jetzt mit der Kickl-FPÖ über eine Regierung verhandelt, veranlasste zahlreiche Spitzenpolitiker aus EU-Ländern, ihre Bedenken auch öffentlich zu äußern. Vor allem in Deutschland sorgt die FPÖ auf dem Sprung ins Bundeskanzleramt für Kopfzerbrechen. Schließlich steckt man mitten im Wahlkampf für die Bundestagswahlen im Februar und die teilweise rechtsextreme AfD, die ja mit der FPÖ lange auch auf EU-Ebene kooperierte, liegt in Umfragen auf Platz zwei. So warnte etwa der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck die ÖVP vor einer Koalition mit der FPÖ und betonte: „So wie in Österreich darf es bei uns nicht laufen.“ Auch Spitzenvertreter der CDU, der Schwesterpartei der ÖVP, machten ihre Skepsis deutlich.
Defizit im EU-Visier
Schallenberg selbst hatte ja schon vor Beginn der Gespräche klar gemacht, dass er selbst auf keinen Fall Teil einer FPÖ-geführten Regierung sein werde. Der in aller Eile eingefädelte Brüssel-Besuch hat aber nicht nur das Ziel, Bedenken gegen die FPÖ auszuräumen. Es geht auch um das EU-Defizitverfahren, das Österreich wegen seines aus dem Ruder gelaufenen Budgets droht. Bis zum 21. Jänner müssen konkrete Vorschläge aus Wien bei der EU-Kommission in Brüssel eintreffen. Nun versucht man, weiteren Aufschub zu bekommen. Am Dienstag kommt Interims-Finanzminister Gunter Mayer nach Brüssel – mit dem gleichen Anliegen.
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