Johannas Fest: Essen, philosophisch

In Zeiten von Etikettenschwindel, Mangel und Überfluss suchen Konsumenten nach Vertrauenswürdigkeit und Verteilungsgerechtigkeit.

Gastrosophen erforschen, was ins Glas und auf den Teller kommt: aus sozialen, kulturellen, ethischen und ökologischen Aspekten. Wo Lebensmittel her- kommen, wie sie erzeugt und verzehrt werden, wie es um die private und die kommerzielle Gastlichkeit steht, ist Gegenstand vielschichtiger Betrachtungen.

So neu ist es nicht, sich mit Ernährung aus philosophi- scher Sicht auseinanderzusetzen. Zu den bekannten Persönlichkeiten, die das schon vor Jahrhunderten getan haben, zählt Jean Anthelme Brillat-Savarin.

Das Buch „Physiologie des Geschmacks“ oder Betrachtungen über das höhere Tafelvergnügen (1826) des französischen Juristen und Schriftstellers gilt als eines der ersten Werke zur Gastrosophie.

– Der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach beschrieb den Einfluss der Nahrung auf Körper und Seele mit dem Satz „Der Mensch ist, was er isst“.

– Sokrates (469–399 v. Chr.), der große griechische Denker, fragte seinen späteren Schüler und Biografen Xenophon nach den Einkaufsorten für dessen Lebensmittel – ein Hinweis auf die ethische Ökonomie der Kaufkraft.

– Immanuel Kant, der den Beginn der modernen Philosophie markiert, postulierte zum Thema Gast- lichkeit, eine Mahlzeit in guter Gesellschaft stelle das moralische „Wohlleben im Genuss einer gesitteten Glückseligkeit“ dar. Er erhob die moral-theoretische Forderung eines Menschenrechts auf Hospitalität.“

Heute wächst das Bewusstsein für mündigen Konsum parallel zu ungerechtem Handel und dem „Hinter mir die Sintflut“-Denken. In Zeiten von Etikettenschwin- del, Mangel und Überfluss suchen Konsumenten nach Vertrauenswürdigkeit und Verteilungsgerechtigkeit. Genießen mit gutem Gewissen und Teilen zählen zu den aktuellen Geboten im 21. Jahrhundert!

P.S. Lösung aus der Vorwoche: Durch die grüne Glastüre darf man alle Gegenstände mit Doppelkonsonanten mitnehmen.

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