Wege zum Chrom: Die Auto- und Technikmuseen im Raum Stuttgart
Am Anfang steht noch das Pferd. Im wahrsten Sinn des Wortes. Besucht man das Mercedes-Benz-Museum, ist das erste Objekt, das man erblickt, ein Pferd (in ausgestopfter Form freilich) und dazu ein Zitat von Kaiser Wilhelm: „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“Wir befinden uns in Stuttgart, wo man nicht nur dank toll gemachter Ausstellungen in die deutsche Automobilgeschichte eintaucht.
Man befindet sich auch auf historischem Boden. Zwanzig Kilometer östlich von Stuttgart liegt Schorndorf, wo vor 175 Jahren Gottlieb Daimler geboren wurde. Und in der Taubenheimerstraße in Stuttgart steht noch das legendäre Gewächshaus, in dem Daimler und Maybach an ihren Motoren herumbastelten und welches übrigens auch besichtigt werden kann. Doch zurück ins Mercedes-Museum. Der Bau ist so aufgebaut, dass der Besucher von oben nach unten durch die Geschichte reist – nicht nur die von Mercedes, sondern auch durch die Weltgeschichte. Nebst allen tollen Mercedes-Autos inklusive den Silberpfeilen und anderen Rennautos gibt es auch eine Abteilung mit Autos von berühmten Vorbesitzern. Der SL von Lady Di parkt hier neben dem Papamobil und daneben der Mercedes von Kaiser Wilhelm, der sich auch irgendwann der vorübergehenden Erscheinung hingab. Und man legt Wert darauf, dass man die Geschichte des Autos vom ersten Tag an lückenlos darstellen kann. Die Besucher erwarten rund 160 Fahrzeuge und etwa 1500 weitere Exponate.
Das Mercedes-Museum stammt aus dem Jahr 2006, 2009 eröffnete Porsche sein Museum am Porscheplatz 1 in Stuttgart-Zuffenhausen. Das faszinierende Äußere stammt vom Wiener Architekturbüro Delugan Meissl. Hier dreht sich alles noch mehr um die Autos, der Weltgeschichte wird weniger Platz eingeräumt, dafür machen sogenannte Soundduschen vergangene Porsche-Zeiten akustisch wieder lebendig. Überhaupt ist das Museum immer wieder Schauplatz spezieller Events (so wie das von Mercedes) – es empfiehlt sich, auf den Veranstaltungskalender zu schauen.
Verlässt man Stuttgart Richtung Leonberg, fährt man ein Stück auf der Bundesstraße durch das Mahdental, sie ist ein „Überbleibsel“ der Solitude-Rennstrecke, wo bis in die 60er-Jahre Autorennen (teilweise mit Formel-1-Status) und Motorradrennen gefahren wurden. An die Rennen, die Fahrer wie Clark, Hermann, Moss, Brabham oder Agostini bestritten, erinnert noch der alte Rennleiterturm außerhalb von Leonberg. Heute wird die kurvige Solitude gern von Motorradfahrern für Wochenend-Ausfahrten genutzt.
Nicht nur die Solitude ist ein Asphaltband mit Geschichte. Zwischen Mannheim und Pforzheim unternahm Bertha Benz 1888 eine Ausfahrt mit dem Vehikel ihres Mannes Carl, um die „Alltagstauglichkeit der pferdelosen Kutsche“ zu demonstrieren, was als erste Fernfahrt der Geschichte angesehen wird.
Nordwestlich von Stuttgart kommt man in den sogenannten Rhein-Neckar-Kreis und die Stadt Sinsheim. Zwei Dinge sind es, die einem ins Auge fallen, wenn man auf der Autobahn Richtung Mannheim fährt: Zum einen das Stadion von Hoffenheim auf der linken Seite und das Technikmuseum auf der rechten Seite. Wie hier die Ausstellungsstücke herangekarrt wurden, war Stoff für eigene TV-Dokumentationen. Auf dem Dach des Technikmuseums, das als das beste in ganz Europa gilt, parken die einzigen Überschallpassagierflugzeuge, die Concorde und die Tupolew 144. In der Halle darunter findet man eine der umfangreichsten Formel-1-Auto-Sammlungen. Und sonst gibt es Flugzeuge aller Epochen, Sportwagen, Lokomotiven, Kriegsgeräte und ein 3-D-Kino ist dem Komplex angeschlossen.
Das Museum-Sinsheim gehört einem Verein und es kann jedermann Mitglied im Förderverein werden. Begonnen hat man 1980, als bei einem Treffen von Technikliebhabern die Idee geboren wurde, die Schätze der Öffentlichkeit zugängig zu machen. Es wurde ein Museumsverein gegründet und 1981 wurde das Museum eröffnet. Heute ist es das größte private Technikmuseum Europas. Finanziert wird es über Spenden, Mitgliedsbeiträge und Eintrittsgelder.
Zum Sinsheim Museum gehört auch das Technikmuseum-Speyer. Es liegt nur 35 km westlich von Sinsheim. Auf der Fahrt passiert man den Hockenheimring, wo derzeit zwar nicht Formel 1 gefahren wird, aber z. B. Tourenwagenrennen. Auch ist ein kleines Museum angeschlossen. Man folgt der A6 weiter, überquert den Rhein und kommt nach Speyer. Das Technikmuseum wurde ins Leben gerufen, als zu Beginn der 90er-Jahre das Platzangebot in Sinsheim ausgeschöpft war. Es bot sich die Gelegenheit, das Areal der ehemaligen Pfalz-Flugzeugwerke in Speyer zu nutzen. Heute sieht man in Speyer nicht nur Flugzeuge und Autos, sondern auch die größte Raumfahrtausstellung Europas.
Prunkstück ist das russische Space Shuttle Buran, das unter großem Aufwand nach Speyer geschafft wurde. Nicht minder beeindruckend ist der in luftiger Höhe aufgebockte Lufthansa-Jumbo (wer mag, kann Selbigen über eine Rutsche wieder verlassen). In der Halle mit den Raumfahrtobjekten findet sich auch ein Saab Draken vom österreichischen Bundesheer. Zu den Attraktionen im Freigelände gehört ein U-Boot der deutschen Marine, in das man hineinkraxeln kann.
Und wenn all das nicht reicht, dann ist noch der Dom von Speyer in Gehweite. Das UNESCO-Weltkulturerbe ist die größte romanische Kirche Europas und blickt auf eine Geschichte, die bis ins Jahr 1030 zurückreicht.
Da waren die Pferde wirklich noch konkurrenzlos.
Leben entlang der Route
Wohnen
Ein schönes Hotel, das nur wenige Gehminuten von der sehenswerten Stuttgarter Innenstadt entfernt ist, ist das Arcotel Camino. Die modernen 168 Zimmer wurden in eine bestehende Altbausubstanz integriert. Eine hoteleigene Garage bzw. Außenabstellplätze fürs Auto sind vorhanden.
Arcotel Camino, Heilbronnerstr. 21, Stuttgart Tel: +49 711 258 58-0, www.arcotel.at.
Essen
Zu den ersten Adressen zählt in Stuttgart das Restaurant Christophorus im Porsche-Museum. Der Porsche-Vorstand schätzt auch das Restaurant Schiller in Bietigheim-Bissingen.
Typisch Schwäbisches wie Maultaschen gibt es im Alten Kelter.
Ein schicker Italiener direkt in Stuttgart ist die Trattoria da Franco.
Museen
Das Mercedes-Museum ist Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Die normale Tageskarte kostet 10 Euro.
www.mercedes-benz.com/museum
Das Porsche-Museum ist Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr geöffnet; die Tageskarte zum Normalpreis kostet 8 Euro.
Das Technikmuseum-Sinsheim ist Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr geöffnet, Samstag, Sonn- und Feiertag von 9 bis 19 Uhr, die Erwachsenentageskarte kostet ab 16 Euro.
Dieselben Öffnungszeiten und Preise gelten fürs Technikmuseum-Speyer. Es werden auch Kombitickets für beide Museen angeboten inkl. Eintritt für die IMAX-Kinos in den Museen.
www.sinsheim.technik-museum.de
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