E-Fuels: Umstrittener Baustein am Weg zur Klimaneutralität

Exhaust pipes of a car
Synthetische Kraftstoffe sollen helfen, die Klimaziele zu erreichen. Ein wirtschaftlicher Einsatz liegt aber in weiter Ferne. Und das ist nicht das einzige Problem.

Des einen Zukunftsvision, des anderen Irrsinn: E-Fuels könnten schon in absehbarer Zeit eine CO2-freie Alternative zu erdöl-basierte Treibstoffen werden, sagen die Befürworter. Kritiker verweisen hingegen auf hohe Kosten, niedrige Energieeffizienz und mangelnde Verfügbarkeit.

Die branchenübergreifende Unternehmensplattform „E-Fuel-Alliance“ lud diese Woche zu einem Kongress in Wien, um über die Potenziale dieser Technologie zu beraten – und dafür zu werben. Beteiligt waren neben Forschenden verschiedener Hochschulen bekannte Firmen wie Pierer Mobility, Borealis und die Post. Von der Regierung nahm Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) teil.

„Wenn wir die Energiewende schaffen und auch im Verkehrssektor die Klimaziele erreichen wollen, dann müssen wir technologieoffen denken. Nicht die Verbrennungsmotoren sind das Problem, sondern die CO2-Emissionen“, sagte Brunner anlässlich des Kongresses. Dabei könnten „E-Fuels eine wichtige Rolle spielen“.

E-Fuels sind synthetische Treibstoffe auf Basis von Wasserstoff, der durch die Vermengung mit CO2 verflüssigt wird. Der Vorteil: Im Gegensatz zu Wasserstoff sind E-Fuels ähnlich einfach zu handhaben wie erdöl-basierte Treibstoffe. Sie können also gelagert, weltweit verschifft und in marktüblichen Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. Das gilt als klimaneutral, wenn der Wasserstoff mit Ökostrom gewonnen wurde und das bei der Verbrennung entweichende CO2 bereits vorher in der Atmosphäre vorhanden war. Die OMV hält eine CO2-Einsparung von 90 bis 95 Prozent im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen für möglich.

Das Problem: E-Fuels sind so teuer, dass ein wirtschaftlicher Einsatz nicht absehbar ist. Derzeit kostet die Herstellung eines Liters etwa 4 Euro, noch ohne Logistik, Vertrieb oder Abgaben. Zum Vergleich: erdölbasierte Treibstoffe kosten an diesem Punkt etwa 60 bis 70 Cent. Bis zum Endverbraucher würden Schätzungen zufolge Kosten von 6 bis 7 Euro pro Liter Sprit entstehen. Stephan Schwarzer von der E-Fuel-Alliance ist überzeugt, dass die Kosten drastisch reduziert werden können. 

Bis 2030 sei ein Preis zwischen 1 und 2 Euro realistisch – allerdings nicht bei einer Produktion in Österreich. E-Fuels könnten, sagt Schwarzer, in Regionen mit günstigeren Bedingungen für Photovoltaik oder Windkraft produziert und dann in Tankschiffen nach Europa importiert werden. Bisher gibt es im industriellen Maßstab aber nur Pilotprojekte.

In Österreich setzte die E-Fuel-Alliance ihre Hoffnung zur technischen Optimierung schon 2021 in eine Pilotanlage von AVL List. Diese „effizienteste Power-to-Liquid-Anlage Europas“ sollte bis 2023 fertiggestellt werden und jährlich 100.000 Liter synthetischen Treibstoff produzieren. Bei dem Grazer Unternehmen heißt es auf Anfrage des KURIER, die Anlage sei noch in Entwicklung. Zwar würde „in Vorversuchen bereits ein sehr hoher Reifegrad erreicht“, ein Datum zur Fertigstellung und Aufnahme der Produktion gibt es bisher aber nicht.

Zu Luft, Wasser und Erde

Umstritten ist auch, wofür die synthetischen Kraftstoffe eingesetzt werden sollen. Während die Verwendung für Flugzeuge, Schiffe und Industrie weitgehend unumstritten ist, ist der Einsatz im Auto zum Zankapfel geworden. Schwarzer sieht im Straßenverkehr ein großes Potenzial. „Wir müssen das CO2 dort holen, wo es ist“, argumentiert er im Gespräch mit dem KURIER.

Dem widerspricht man nicht nur in Leonore Gewesslers Klimaschutzministerium, auch eine Studie des deutschen Fraunhofer Instituts kommt zu dem Schluss, dass der Einsatz im Straßenverkehr nicht sinnvoll sei. Der Einsatz „sollte sich auf Anwendungsbereiche konzentrieren, in denen keine anderen wirtschaftlichen Alternativen zur Erreichung der Treibhausgasneutralität zur Verfügung stehen.“ Als Beispiele werden der Stahlsektor, die Grundstoffchemie, Raffinerien und der internationalen Flug- und Schiffsverkehr genannt.

In der Luftfahrt sollen künftig auch vermehrt biogene Kraftstoffe etwa aus Methanol oder Altspeiseöl eingesetzt werden. Diese sind aber nur begrenzt verfügbar, E-Fuels sollen hingegen in großem Rahmen herstellbar sein, heißt es bei der OMV auf Anfrage des KURIER.

Wer spricht?

Die E-Fuel-Alliance steht immer wieder als einseitige Lobbygruppe in der Kritik. Vorstandsvorsitzender Jürgen Roth ist Tankstellenbesitzer, sein Stellvertreter Helfried Sorger entwickelt Antriebe für den Motorradbauer KTM. Im Vorstand sitzen mehrere Mineralölhändler, mit Hedwig Doloszeski ist zudem die Obfrau der Mineralölwirtschaft in der WKO im Fachbeirat. Wenig überraschend, dass diese auch beim neuen Geschäft dabei sein wollen.

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