Motorradausfahrten: Warum ist der goldene Herbst so besonders gefährlich?

Motorradausfahrten: Warum ist der goldene Herbst so besonders gefährlich?
Selbstüberschätzung und mangelnde Kontrolle: Wo derzeit die größten Gefahren für Biker lauern und wie man sie am besten vermeidet.

Es ist eine traurige Bilanz: Allein im Sommer starben bisher 45 Biker auf Österreichs Straßen. Und: Die Saison ist nicht vorbei. Denn gerade Motorradausfahrten im "goldenen Herbst" lassen sich besonders genießen – weniger Touristenverkehr auf den Ausflugsstraßen und angenehmere Temperaturen als im Hochsommer. "Der Herbst kann aber durchaus seine Tücken haben: Niedrige Temperaturen in der Früh verringern die Haftung, feuchtes Laub sorgt für Rutschfallen und die tiefstehende Sonne blendet – von vermehrtem Wildwechsel in der Dämmerungszeit gar nicht zu reden", weiß Georg Scheiblauer, Motorrad-Chefinstruktor der ÖAMTC Fahrtechnik. "Da kann der kleinste Fahrfehler fatale Konsequenzen haben. Deshalb sind das Wissen um diese Gefahren und eine besonnene vorausschauende Fahrweise besonders gefragt."

Motorrad-Chefinstruktor der ÖAMTC Fahrtechnik Georg Scheiblauer gibt Tipps.

1) Sich der Gefahrenquellen bewusst sein: Im Herbst sind die Landwirte besonders aktiv – mit langsamen Traktoren hinter einer Kurve und verschmutzten Fahrbahnen muss gerechnet werden. Nasses Laub und Fallobst sorgen punktuell für gefährliche Glätte auf den Straßen – das bedeutet Sturzgefahr für Motorradfahrer:innen. Deshalb muss man die Geschwindigkeit diesen Gegebenheiten entsprechend anpassen und besonders in uneinsehbaren Kurven mit Gefahren rechnen.

2) Vorausschauendes Fahren vermeidet Risikosituationen: Je früher gefährliche Situationen wie eine schmutzige Traktorspur erkannt werden, desto mehr Zeit bleibt für die richtige Reaktion. Immer mit Reserven unterwegs sein, nie am Limit fahren, rät der ÖAMTC.

3) Tiefstehende Sonne blendet: Doppelt tückisch – eine im Herbst tiefstehende Sonne blendet nicht nur alle Verkehrsteilnehmenden gleichermaßen, sie lässt die schmale Silhouette von Zweiradfahrern leicht "verschwinden". "Wenn ich als Motorradfahrer die Sonne im Rücken habe und einen langen Schatten vor mich auf die Straße werfe, muss ich ab- oder einbiegenden Verkehr besonders genau beobachten und defensiv mit viel Sicherheitsreserven unterwegs sein. Nur so kann man noch rechtzeitig bremsen oder ausweichen, wenn man übersehen wird", warnt Motorradprofi Georg Scheiblauer. Mit einem zerkratzten oder schmutzigen Visier ist man bei tiefstehender Sonne  noch leichter im Blindflug unterwegs.

4) Auf veränderten Grip reagieren: Kühlere Temperaturen in der Früh und ab dem späten Nachmittag beeinträchtigen die Griffigkeit der Reifen. "Nur bei richtiger Betriebstemperatur bieten die Pneus optimalen Grip", so Scheiblauer. Deshalb Ausfahrten bewusst "ruhig" angehen, besonders in der Früh und auf Alpenpässen.

5) Die richtige Kleidung wählen: Kühle Außentemperaturen am Morgen und Abend können bei falscher Bekleidung die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen – wer fröstelt, versteift. Große Temperaturunterschiede erfordern eine darauf abgestimmte Bekleidung. Am besten mehrere Schichten übereinander anziehen. Wenn es früher dunkel wird, erhöhen helle Farbapplikationen und Reflex-Materialien auf der Kleidung die Chance, von anderen Verkehrsteilnehmern rechtzeitig gesehen zu werden.

Trainieren kann man das im Zuge eines Motorradtrainings bei der ÖAMTC Fahrtechnik: Ab sofort läuft die Aktion "Bikerherbst 1+1 gratis", bei der zwei Personen zum Preis von einer trainieren können. In einigen Bundesländern (Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Salzburg) gibt es zusätzlich Förderungen vom Land.

Knapp drei Viertel aller tödlichen Motorradunfälle im bisherigen Jahr 2023 waren Alleinunfälle oder Frontalkollisionen – meist durch Fahrfehler der Biker selbst ausgelöst. Über 77 Prozent der tödlichen Unfälle waren laut Einschätzung der unfallaufnehmenden Exekutive auf Selbstverschulden der Motorradlenker zurückzuführen.

"Häufige Ursachen sind riskante Überholmanöver, oft an Stellen mit unzureichenden Sichtweiten, aber auch zu schnelles Fahren in Rechtskurven, wo Motorradfahrende am Ende in den Gegenverkehr geraten", erklärt ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé. "Auch unvorhersehbare Mängel im Straßenzustand – etwa Verschmutzungen durch Kies oder Schmiermittel – können dabei zu unvermeidbaren und vor allem unkontrollierbaren Stürzen führen."

Mangelnde Übung und riskante Fahrweise sind besonders gefährlich

Problematisch ist, dass viele Bike ihr Motorrad nur unregelmäßig nutzen, was zu Selbstüberschätzung sowie mangelnder Fahrzeugbeherrschung in Grenzsituationen führen kann. "Das Motorrad ist das Verkehrsmittel mit dem höchsten Risiko, tödlich zu verunglücken", so der ÖAMTC-Verkehrsexperte. Viele Unfälle könnten durch defensive Fahrweise, gute Fahrzeugbeherrschung und entsprechendes Gefahrenbewusstsein vermieden oder zumindest die Unfallschwere deutlich gemildert werden.

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