Die Musik spielt dieser Tage auf dem Mond. So haben die Inder ihre Sonde Chandrayaan-3 erfolgreich auf dem Erdtrabanten landen lassen können. Das Land ist damit nach den USA, China und der einstigen Sowjetunion erst die vierte Nation, der eine solche Mondmission gelungen ist. Erst am Samstag zerschellte die russische Raumsonde „Luna-25“ auf dem Erdtrabanten.
Symbolträchtiger geht es wohl nicht mehr. Dort eine politische Elite, die mit Krieg Großmachtphantasien nachhängt, dort ein junger Staat, welcher dynamische Zukunftsträume verwirklicht. Mit 1,4 Milliarden Einwohnern ist Indien in diesem Jahr zum bevölkerungsreichsten Land der Erde aufgestiegen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet, dass die Wirtschaft Indiens in diesem Jahr um 6,1 Prozent wächst und 2024 sogar um 6,8 Prozent. Natürlich muss man die Relation sehen. Gut die Hälfte der Menschen in Indien lebt unter der Armutsgrenze. Beim BIP pro Kopf liegt Indien irgendwo zwischen Kenia und Mauretanien.
Aber das Potenzial ist gewaltig.
Biden rollte für Modi den roten Teppich aus
US-Finanzministerin Janet Yellen war deshalb heuer schon dreimal in Neu-Delhi. Im Juni rollte US-Präsident Joe Biden für Indiens Premier Narendra Modi den roten Teppich in Washington aus, und zuletzt besuchte auch eine deutsche Delegation den Subkontinent. Dahinter steht die Hoffnung, dass sich Indien auf die Seite des Westens schlägt. Gegen China und gegen Russland.
Bislang ist diese Hoffnung vergeblich: Indien enthielt sich bei der UN-Resolution zum Abzug russischer Truppen. Und Indien bezieht russisches Öl und Gas sowie Waffen. Dass die indisch-russischen Beziehungen trotz unterschiedlicher Erfolge auf dem Mond intakt sind, zeigt auch der aktuelle BRICS-Gipfel der Spitzenpolitiker aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika in Johannesburg.
Die BRICS-Staaten wollen unabhängiger vom Westen werden
Die BRICS-Staaten repräsentieren 42 Prozent der Weltbevölkerung und 25 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Und sie wollen unabhängiger vom Westen werden. Im Gespräch ist eine eigene Währung. Eine eigene Entwicklungsbank – die New Development Bank – kann der BRICS-Verbund schon vorweisen. Sie könnte sich – theoretisch – um die Ausarbeitung und Einführung einer solchen Währung kümmern.
Das Glück des Westens ist, dass die Interessen Chinas, Russlands und Indiens zu unterschiedlich sind, um eine Front gegen die EU und die USA zu bilden. Wachsamkeit ist trotzdem angesagt. Wie Indien die Europäer sieht, kann man aus einem Zitat von Außenminister Subrahmanyam Jaishankar vom März des Jahres ablesen. „Europa muss aus dem Denkmuster herauswachsen, dass Europas Probleme die Probleme der Welt sind, aber die Probleme der Welt nicht die Probleme Europas.“ Europa war übrigens noch nicht auf dem Mond.
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