Wie ist es möglich, dass
Rüpelhaftigkeit im täglichen Leben kaum mehr toleriert wird, während man Politiker wählt, die sich genau dadurch auszeichnen – wie Trump, Johnson oder Salvini? (Übrigens fällt kein heimischer Politiker in diese Kategorie.) Könnte durchaus sein, dass wir gerade die Reaktion auf eine fast schon betuliche Korrektheit erleben. In der Migrationspolitik konnte man das Phänomen bereits beobachten. Jahrelang wurde Toleranz gepredigt und bei problematischen Entwicklungen einfach nur weggeschaut. Das hat den Aufstieg rabiater Populisten in Europa ermöglicht. Diesen Geist wieder in die Flasche zurückzubringen, ist schwer. Link(sgrün)e bemühen sich daher derzeit, das Thema Migration mit Klimapolitik zu überlagern.
Nun ist absolut unbestritten, dass die (industrielle) Versorgung von mittlerweile fast acht Milliarden Menschen zu Raubbau an natürlichen Ressourcen und Klimaveränderung geführt hat. Daher braucht es Reformen: bei Energie, Lebensmittelproduktion, Raumplanung. Statt aber nüchtern über Lösungen zu diskutieren (wir tun das mit unserer Serie „Klimafreitag“), wird mit höchster Emotion diskutiert, ganz besonders in Wahlzeiten: Wer sich über einen schönen Sommertag freut oder die Wirksamkeit einer -Steuer bezweifelt, wird als Klimaleugner beschimpft.
Wieder einmal kann man sich moralisch über andere erheben. Andersdenkende beginnen zu schweigen, um nicht öffentlich niedergemacht zu werden und/oder wählen verhaltensoriginelle Politiker, die sich nicht darum scheren, „was man sagen darf“. Darüber sind dann alle bass erstaunt. Wir leben im Zeitalter der
Polarisierung. Anonyme Kampfposter versuchen Andersdenkende einzuschüchtern. Das alles erzeugt einen beachtlichen Aggressionspegel und macht Angst. Wird es bei verbalen Attacken bleiben? Ist, wer nicht meiner Meinung ist, automatisch mein Feind? Man ist doch auf die liberale, aufgeklärte Zeit so stolz. Aber beim Meinungsaustausch kommen wir gerade wieder in den 1920/30er-Jahren an.
Auch
der KURIER wird zeitweise übel attackiert. Wir bleiben unerschütterlich bei unserer parteipolitischen Unabhängigkeit, wir zeigen Missstände im demokratischen Leben auf, wir sind für umfassende Informationsfreiheit. So steht es in unserem Redaktionsstatut. Von Interventionen, egal von wem, haben wir uns in unserer 65-jährigen Geschichte nicht beeindrucken lassen. Gelegentlich melden wir uns zu einem Thema auch mit Pro & Contra zu Wort. Denn das Leben ist nicht nur schwarz oder weiß. Es ist bunt und im Sommer übrigens besonders schön.
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