Wir müssen den Umgang mit ansteckenden Bildern lernen
Georg Leyrer
27.02.20, 05:00Polizisten vor einer Schule. Ein (mehr oder weniger) abgeriegeltes Hotel in Innsbruck. Besorgte, aber entschlossene Politikermienen (gut geübt!). Rufzeichen am Ende von alarmierten Titelzeilen. Es sind am gestrigen Coronavirusberichterstattungstag in Österreich durchaus ungewöhnliche Bilder entstanden; Bilder, bei denen es schwierig ist, sie innerlich abzufangen: Wenn wir daran denken, Kinder in Schulen festzuhalten, ist da nicht was Ärgeres im Busch?
Es sind am gestrigen Day After (nach Bekanntwerden der ersten Fälle in Österreich) viele Bilder wieder geschrumpft. Nichts war in der abgesperrten Wiener Schule, in Kärnten gab es Entwarnung. Auch die Abriegelung des Hotels in Innsbruck tags zuvor war, wie man live in der „ZiB“ beobachten konnte, nicht ganz so messerscharf. Aufregung umsonst?
Nichts davon ist wahr, und beides ist es aber doch. Und das ist auch das Problem, vor dem die Beteiligten – die Bevölkerung, die Medien, die Politiker – stehen. Denn sie alle sind angesichts der noch nicht ausentwickelten Coronasituation in fester, unkomfortabler Umklammerung verfangen: Es gibt, gerechtfertigter Weise, großes Interesse an Information. Aber auch große Bereitschaft, sich alarmieren zu lassen. Auch Journalisten segeln hier in unbekannten Gewässern, bemühen sich um Ausgleich zwischen Aktualität und Einordnung. Und es gibt auch politische Interessen, hier besonders handlungsaktiv aufzutreten. Hier den richtigen Weg zu finden zwischen wohldosierter Info, falscher Abwiegelung und der Erklärung, wo wir gerade stehen: Dazu bedarf es der Bereitschaft aller Beteiligten in der Öffentlichkeit.
Und einer informierten Entspanntheit im Umgang mit den Bildern, die auch auf den sozialen Medien nach Aufmerksamkeit gieren. Und zwar, das ist ein Riesenproblem in der Allzeit-Live-Medienwelt, rund um die Uhr. Die herben Bilder, die rund um Corona entstehen, lassen allzu leicht vergessen, dass wir kein Katastrophenszenario sehen, sondern etwas sehr Technisches vorangetrieben wird. In den nächsten Wochen geht es nicht darum, eine erschreckend große akute Gefahr abzuwehren.
Sondern darum, das Virus selbst umzubringen, so lange das noch geht. Abriegelungen schauen wild aus, sollen jedoch einzig dessen Ausbreitung derart im Keim ersticken, dass sich nicht neben Grippe und grippalen Effekt ein weiteres Virus etabliert, mit dem die Menschheit künftig leben wird müssen.
Die nächste Zeit könnte durchaus sinnvoll genützt werden: Indem man über Hygiene, Sicherheit, Vorsorge abseits von Panikkäufen nachdenkt. Sich mit sich darauf einigt, den endlosen Strom an Aufregungen nicht mitzumachen. Und lernt, Medien oder Onlinedienste, die Panik schüren, liegen zu lassen. Ob links oder rechts, ist im Moment egal.
Kommentare