Wie Regionalkaiser die EU zum Flohzirkus machen

Martina Salomon

Martina Salomon

Hallo Burgenland, hättet ihr nicht auch etwas einzuwenden?

von Dr. Martina Salomon

Flohzirkus EU

Versetzen Sie sich doch bitte einmal in einen Kanadier: Da will eine makellose westliche Demokratie mit dem starken Wirtschaftsraum EU Geschäfte machen. Doch nach siebenjähriger Verhandlung bilden sich zwei gallische Dörfer, deren Majestixe daheim Punkte sammeln wollen. Österreichs Bundeskanzler ist aus dieser Nummer gerade noch herausgekommen, aber mit außen- und innenpolitischen Blessuren (immerhin "rehabilitiert" in der Krone).

Eigenbrötlerisch

Und jetzt also die Wallonen: aus Sicht (nicht nur) der Kanadier ein Landstrich in der Nähe Brüssels, französischsprachig, wie viele Kanadier auch. Ein Teil eines Teils von 28 Teilstaaten blockiert die Handlungsfähigkeit eines Kontinents. Das ist Europa. Hallo, Burgenland, hättet ihr nicht auch etwas einzuwenden? Oh hoppla, wollte man dort nicht die EU-Arbeitnehmer-Freizügigkeit kippen und Burgenländer bei der Jobvergabe bevorzugen?

Eigentlich müsste man solche Regionalfürstchen bis zur letzten Konsequenz auf ihre eigenbrötlerische Reise schicken. Lasst die Wallonen Binnenmarktkaiser sein, nehmt ihre Firmen vom Freihandel aus. Kanada, China, die USA usw. werden es überleben, keine Produkte aus der Wallonie zu kaufen.

Die 28 (bald nur noch 27) Mitgliedsstaaten, in denen ja immer und überall irgendwelche Regionalwahlen stattfinden, gleichen einem Flohzirkus. Auch der Ursprung des Brexit war ja eine innerparteiliche Fehde, die David Cameron zu gewinnen glaubte. Wenn man allen gallischen Dörfern Narrenfreiheit gibt, wäre das das Ende der Europäischen Union.

Wir sehen sie ohnehin gerade an der Flüchtlingsfrage zerbrechen. Weil genau das fehlt, was wir der EU sonst vorwerfen: gemeinsame Regeln. (Dass es dann dummerweise nie Sanktionen gibt, wenn Länder zum Beispiel unerlaubt gegen die Maastricht-Schuldenkriterien verstoßen – und zwar insgesamt 114-mal (!) – steht wieder auf einem anderen Blatt).

Österreich zählt zu den Ländern mit der höchsten Zahl an Asylwerbern pro Kopf. Plus: Der größte Teil der abgelehnten Asylwerber wird von ihren Herkunftsländern nicht mehr zurückgenommen. Ein anderer Teil taucht unter.

Deutschland und Österreich sind zu Sehnsuchtsorten bitterarmer Afrikaner geworden. Nirgendwo sonst bekommt man nicht nur ein menschenwürdiges Dach über den Kopf samt Verpflegung, sondern auch so viel Geld – angepasst an das überdurchschnittlich dicht gewebte Sozialnetz. Die OECD hat uns gerade bescheinigt, dass wir mit den Sozialausgaben weltweit Spitze sind.

Dieselben Sozialregeln

Selbst wenn es der EU gelänge, mehr Länder zur Flüchtlingsaufnahme zu verpflichten, würde sich nicht viel verändern: Für anerkannte Flüchtlinge herrscht Niederlassungsfreiheit, sie wandern dorthin, wo es bereits eine Community und das meiste Geld gibt. Aus diesem Dilemma kommen wir somit nur mit einheitlichen EU-Sozialregeln für Migranten wieder heraus. Bitte nein, wir wollen keine Souveränität an die EU abgeben? Na dann darf man ja wirklich optimistisch auf eine Lösung der Bundesregierung warten. "Wir schaffen das?" Aber nein: Wir sind geschafft!

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