Es gilt hier im Speziellen, was auch generell stets zu beachten ist: Die – notwendige und sinnvolle – Befassung mit den Verbrechen der Vergangenheit darf nicht den Blick auf gegenwärtige Bedrohungslagen verstellen. Denn es ist, wie der deutsche Publizist Jan Ross einmal schrieb, gut möglich, dass die künftigen Menschheitsverbrechen „Auschwitz gar nicht ähnlich sehen“ und wir sie daher „nicht bemerken“.
Ungeachtet dessen haben wir zumindest bis vor Kurzem Antisemitismus primär unter „Gefahren von rechts“ subsumiert und verhandelt. Wer darauf hinwies, dass es neben dem alten rechten auch einen neuen importierten, muslimischen Antisemitismus gebe und dieser womöglich die aktuell größere Gefahr darstellen könnte; und wer darüber hinaus noch Assoziationen zu Teilen der Linken herstellte, bei denen die Verbindungslinien vom Antiamerikanismus über den Antikapitalismus hin zum Antizionismus und Antisemitismus laufen; wer – wie zuletzt ein Kommentator der Tagespost – zurecht in der „antiisraelischen Agitation“ mancher Linker auch einen westlichen „Selbsthass“ erkannte: der drohte vollends auf dem dünnen Eis des politisch-korrekten öffentlichen Diskurses einzubrechen.
Seit dem 7. Oktober hat sich das zumindest ansatzweise geändert – auch wenn hier noch sehr viel Gesprächsbedarf besteht, auch wenn nach wie vor davor gewarnt wird, „den linken Antisemitismus großzureden“ (© Armin Thurnher). Dass hier immerhin etwas in Bewegung gerät, ist gut so.
Und es ist noch besser und wichtiger, dass gestern die beiden ÖVP-Minister Gerhard Karner und Karoline Edtstadler gemeinsam mit der grünen Ministerin Alma Zadić eine Gesetzesverschärfung präsentierten, welche NS-Symbole mit jenen islamistischer Terrororganisationen auf eine Stufe stellt.
Man mag das als bloße Symbolpolitik abtun. Aber erstens sind die geplanten Straferhöhungen ein sehr starkes „Symbol“. Und zweitens unterschätzt solche Kritik die Bedeutung von „Symbolpolitik“. Diese macht deutlich, was geht und was nicht geht; wer bzw. wie wir sind und wie wir nicht sein wollen. Die Diskussionen darüber, so viel darf man getrost prognostizieren, werden in Zukunft an Dringlichkeit weiter gewinnen.
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