Wer bestimmt, was „Hass“ ist?

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Unter dem Deckmantel des Kampfs gegen Hass und Hetze droht der öffentliche Diskurs weiter eingeschränkt zu werden.
Rudolf Mitlöhner

Rudolf Mitlöhner

Auch im Internet „gilt unser Rechtsstaat“, es dürfe „kein rechtsfreier Raum“ sein: Wer wollte dem widersprechen, was Justizministerin Alma Zadić einleitend zur Präsentation des neuen Gesetzespakets gegen „Hass im Netz“ formuliert hat? Jeder, der sich auch nur gelegentlich in Online-Foren oder sogenannten „sozialen Medien“ bewegt, weiß, dass tief und seicht keine Gegensätze sind. Verbale Kraftausdrücke, Untergriffe, plumpe Attacken sonder Zahl finden sich da.

Und nein, es kann nicht nur an der hier immer wieder ins Treffen geführten Anonymität liegen, in deren Schutz man leichter Unsägliches loswerde. Nicht wenige haben keine Scheu, solches unter ihrem Klarnamen abzusondern. Es hat wohl auch damit zu tun, dass heutige Kommunikationsformen dem schnellen, reflexhaften und damit unreflektierten Hinschreiben Vorschub leisten.

Das Ganze ist freilich die negative Kehrseite von etwas, was ursprünglich durchaus positiv besetzt war und stets vehement eingefordert wurde: Kommunikation auf Augenhöhe – oder anders gesagt: deren Demokratisierung. Das ist ja  das „Soziale“ an den neuen Medien, dass sie ebendies prinzipiell ermöglichen. Wie es Kehrseiten so an sich haben, ist aber die eine ohne die andere nicht zu haben.

Womit wir beim Grundproblem dieses Gesetzespakets sind – welches jede Menge Fragen aufwirft, die sich letztlich in einer bündeln lassen: Wer, bitte, definiert, was „Hass im Netz“ eigentlich ist? Klar, es gibt eindeutige, völlig inakzeptable Fälle – wie jene am Donnerstag publik gemachten Todesdrohungen gegen Zadić. Und auch ein paar Stufen darunter muss und soll man sich, weder als Politiker noch als Privatperson, alles sagen lassen müssen.

Aber sehr schnell kommt man in einen Graubereich, in dem nicht weniger als die Meinungsfreiheit zur Disposition steht. Und vor allem: Was als „Hass“, „Verhetzung“ und dergleichen gilt, wird ganz wesentlich von der je eigenen Perspektive bestimmt. Angesichts der Schieflage unserer öffentlichen Diskurse verheißt da eine weitere gesetzliche Verschärfung nichts Gutes.

Schon bisher gilt unter dem Deckmantel „Kampf gegen  rechts“ dem politisch korrekten Mainstream vieles als salonfähig, was unter umgekehrten Vorzeichen skandalisiert wird. Wer etwa gesellschaftspolitisch konservative Ansichten vertritt, sieht sich schnell mit dem Etikett „homophob“ versehen. Gleichermaßen als Totschlagvokabel fungiert längst die „Islamophobie“ – während bezeichnenderweise eine „Christo-“ oder „Kathophobie“ nicht Eingang in unseren Sprachschatz gefunden hat.

Hat hier die größere, angeblich liberal-konservative Regierungspartei die Dinge wirklich zu Ende gedacht – oder sich doch nur das Beste aus der Welt des Koalitionspartners zu eigen gemacht?

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