Wenn Zerrissenheit zu Hass wird

Warum die zweite und dritte Zuwanderergeneration oft größere Integrationsprobleme hat als die erste.
Martina Salomon

Martina Salomon

Ein mehrfach vorbestrafter Türke mit Aufenthaltsverbot in Österreich, der das Asylrecht ausnutzte, erstach diese Woche den Leiter des Sozialamts in Dornbirn. Eine Tat, die schockiert und nicht folgenlos bleiben darf. Der teure Umbau aller öffentlichen Behörden zu Festungen kann nicht die einzige Lösung sein. Die Gesetzeslücke, straffällige Asylwerber betreffend, muss dringend geschlossen werden. Menschenrechte darf es nicht nur für Täter geben. Wir müssen uns auch über Opferschutz Gedanken machen.

Der Täter war übrigens hier geboren. Wir müssen genauer hinschauen, warum es in der zweiten und dritten Zuwanderergeneration offenkundig öfter Probleme gibt. Keineswegs ein kleines Thema: Österreich liegt beim Ausländeranteil an der Spitze der EU-Länder. Wien ist noch einmal ein Sonderfall. Hier haben mittlerweile 43,9 Prozent der Bevölkerung „Migrationshintergrund“ (beide Eltern im Ausland geboren). Es gibt Bezirke, in denen der Anteil von Schülern mit „nicht-deutscher Muttersprache“ bei knapp 70 Prozent liegt.

Der Türkei mehr verbunden als Österreich

Wobei alle Studien zeigen, dass die zu uns gewanderten Türken primär aus ländlichen Regionen kommen, eher ungebildet sind und sich schlechter integrieren als andere Gruppen (was durch die jüngste Zuwanderungswelle überdeckt wurde). Mehr als andere fühlen sie sich ihrem Herkunftsland verbunden. Das wiederum wird von der nationalistisch-religiösen türkischen Regierung auch bewusst und mit viel Geld gefördert.

Die erste Zuwanderergeneration ist meist glücklich, prekären Umständen entronnen zu sein. Ihre Töchter und Söhne hingegen fühlen sich oft hier nicht wirklich angenommen, leiden unter tatsächlichen oder eingebildeten Diskriminierungen, lehnen sich gegen die „Assimilierung“ ihrer Eltern auf, bleiben in ihrer ethnischen Gruppe. Wer in den Sechziger- und auch später noch, in den Achtzigerjahren, kam, musste sich irgendwie in die Gesellschaft des Gastlandes integrieren. Diese Notwendigkeit gibt es für die nächste Generation nicht mehr – ganze Viertel sind mittlerweile „türkischstämmig“, mit eigener Infrastruktur, eigenen Moralvorstellungen, eigenen Netzwerken, in denen man die westliche Dekadenz verachtet (und Frauen in die Küche verbannt, wovor linke Feministinnen unverständlicherweise die Augen verschließen). Auf diesem Boden wachsen Desintegration und Selbstmitleid. Noch ist es lange nicht so schlimm wie in Frankreich oder Großbritannien – Länder, die unter Terrorismus leiden. Und noch beherrschen Clans nicht ganze Stadtteile, wie in Berlin.

So weit darf es niemals kommen. Stadtplanung sollte Gettobildung unterbinden. Selbstverständlich gibt es viele fleißige, gut ausgebildete Türken, die auf dem heimischen Arbeitsmarkt unverzichtbar sind und unsere Gesellschaft bereichern. Lassen wir es nicht zu, dass reaktionäre Strömungen, Hass und schlicht kriminelle Energie dieses friedliche Miteinander unterminieren.

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