Wenn sich die Totengräber ums Weiterleben sorgen
Die Gewerkschafter haben selbst die Sozialpartnerschaft ramponiert
Exakt drei Tage nach der Wahl meldete sich der ÖGB-Bundesvorstand mit einer Resolution zu Wort: ein Mahnruf, damit die künftige Regierung nicht die Sozialpartnerschaft untergräbt. Das wäre logisch, hätten dieselben Gewerkschafter nicht vor der Wahl selbst die Institution ramponiert.
Im Juni versemmelte man einen Auftrag der Regierung Kern. Die Arbeitnehmervertretung kehrte zwar mit der Trophäe eines 1500-Euro-Mindestlohns vom Verhandlungstisch zurück, sprengte aber in letzter Sekunde das Abtauschgeschäft – die flexiblere Arbeitszeit. Durchsichtige, aber eher kurzsichtige Strategie des ÖGB: ein Wahlkampfschlager für die SPÖ.
Nur vier Tage vor der Wahl dann der nächste Tiefschlag: Rot, Blau & Grün beschlossen im Parlament die Angleichung von Arbeitern und Angestellten: Applaus des ÖGB, Protest der Wirtschaft. Kurzfristig bringt das eine Mehrbelastung für tausende Firmen. Genau deshalb ist es ein Fall für die Sozialpartnerschaft, die früher einmal um Ausgleich bemüht war.
Wahrscheinlich passt die neue Erwerbsgesellschaft ja tatsächlich nur noch bedingt auf die alte Struktur: hie Arbeitnehmer, dort Arbeitgeber. Immer häufiger sind die neuen Selbstständigen Ein-Personen-Unternehmen und oft genug Pendler zwischen beiden Welten. Die Zwangsmitglieder der Arbeiterkammer wiederum sind auch leitende Angestellte, die mit der AK nichts am Hut haben. Oder Mitarbeiter, die flexibler arbeiten würden, wenn das ihre restriktive Vertretung nicht verhindern würde.
Rituale statt Klartext
Doch so schnell sprengt ohnehin niemand die alten Strukturen. Daher werden wir auch anderswo weiterhin die Rituale beobachten und zwischen den Zeilen lesen. So hat sich der Chef der Rektorenkonferenz drei Tage nach der Wahl für eine "wettbewerbsfähige Finanzierung der Universitäten" ausgesprochen. Wieso nicht schon vor der Wahl, und warum nicht Klartext? Weil ein (der SPÖ zugeordneter) Rektor nicht für Studiengebühren sein kann (die im ursprünglichen Plan A von Christian Kern sogar enthalten waren, aber dann lieber vergessen wurden)?
Immerhin vor der Wahl aufgezeigt hat die Wiener Ärztekammer. Der Präsident musste sich dann allerdings für seine Plakate und deren Spiel mit der Angst entschuldigen. Auch hier wäre Klartext hilfreicher gewesen: "Liebe Gesundheitspolitiker, versenkt nicht Milliarden mit Bauskandalen und Parallelstrukturen, sondern bezahlt unsere Ärzte ordentlich."
Wir wünschen uns ja alle eine Regierung, die Probleme löst, statt um den heißen Brei rumzureden und sich gegenseitig ein Haxl zu stellen. Das sollte auch für ihre Vorfeldorganisationen gelten. Sonst könnten diese schneller überflüssig werden, als wir heute glauben.
Kommentare