Auf Französisch heißt „ohne Sorge“ übrigens sans souci – der Name des prachtvollen Rokokoschlosses in Potsdam (Sanssouci), welches Friedrich II. von Preußen für sich erbauen ließ. Auch er gewiss kein sorgenfreier Mensch und seine Epoche keine unbeschwerte (Stichwort u. a. Siebenjähriger Krieg).
Der Unterschied zu früheren Zeiten ist, dass wir heute über alles weltweit in Echtzeit erfahren. Ehemals wussten die Menschen im Wesentlichen nur von dem, was sich in ihrer unmittelbaren Lebenswelt ereignete. Auch kriegerische Auseinandersetzungen, selbst wenn der eigene Herrscher involviert war, betrafen einen erst dann, wenn kämpfende Horden raubend und brandschatzend vorbeizogen oder man selbst bzw. ein Angehöriger in der Schlacht stehen musste.
Es steht zu vermuten, dass die genetische Ausstattung des Menschen der technologischen Entwicklung nicht ganz gewachsen ist: Sprich, der Mensch ist nach wie vor darauf ausgelegt, sich primär um das buchstäblich Naheliegende zu kümmern, sich davon betreffen zu lassen. Dass alles und jedes einen angehen soll, bedeutet tendenziell eine Überforderung. Nicht von ungefähr steigt die Zahl jener Menschen, welche darauf mit Nachrichtenverweigerung/-vermeidung (news avoidance) reagieren.
Um nicht missverstanden zu werden: Das ist kein Plädoyer für mentale Abschottung, für ein neues Cocooning oder die Fokussierung auf die eigene Befindlichkeit. Zum Menschen gehört ganz essenziell das Interesse im Wortsinn, das Mittendrinnen-Sein in, die Anteilnahme an der Welt. Aber es kann und muss uns nicht alles gleichermaßen und in Permanenz beschäftigen. Das gilt nicht nur aus Gründen des legitimen Selbstschutzes – wenn die Überforderung in Rückzug mündet, ist niemandem geholfen. Und: wenn alles gleich wichtig, gleich schlimm, gleich brisant ist, Betroffenheit womöglich moralisch eingefordert wird, ist am Ende gar nichts von wirklicher Bedeutung.
Hier Einordnungs- und Orientierungshilfe zu bieten, ist die vielleicht wichtigste, auch für sie selbst spielentscheidende Aufgabe der klassischen Medien; oder, um nochmals auf (diesfalls Johann) Strauß anzuspielen, der „Morgenblätter“. In diesem Sinne: Prosit Neujahr!
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