Warnsignale für die Bundesregierung

Die Wähler in der steirischen Hauptstadt haben erneut einen Trend bestätigt – die Abkehr von den traditionellen Parteien.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Graz kann durchaus als Warnsignal gesehen werden

von Dr. Daniela Kittner

über die Graz-Wahl

In der steirischen Landeshauptstadt sind zum ersten Mal ÖVP und SPÖ gemeinsam nicht mehr stark genug für eine stabile Regierungsmehrheit. Es stimmt schon: Eine Gemeinderatswahl ist nicht eins zu eins auf die Bundesebene umzulegen, und Graz hat darüber hinaus seine speziellen Eigenheiten. Nirgendwo sonst etwa kann die KPÖ ein Fünftel der Wählerschaft für sich begeistern.

Dennoch macht es sich die Koalition im Bund zu einfach, sich auf ein „lokales Ereignis“ herauszureden. Graz kann durchaus als Warnsignal gesehen werden, wenn erstmals ÖVP und SPÖ gemeinsam nicht mehr genügend Gewicht für eine stabile Regierungsmehrheit auf die Waage bringen. Mit einem Mandat Überhang im Gemeinderat hat jeder einzelne Mandatar bei jeder Abstimmung eine Vetokeule in der Hand. Ein solches Ergebnis ist laut Meinungsforschern auch bei der Nationalratswahl im September 2013 im Bereich der Möglichkeit. Regieren zu dritt – dafür kann Graz gleich einmal als Kleinversuch dienen.

Die Wähler in der steirischen Hauptstadt haben erneut einen Trend bestätigt – die Abkehr von den traditionellen Parteien. Für die ÖVP ist der deutliche Stimmenverlust besonders schmerzhaft, hatte sie doch damit gerechnet, dass Graz der Auftakt zu einer Siegesserie sein würde, die Rückenwind für ihren Nationalratswahlkampf erzeugt.

Die SPÖ kann sich an KPÖ-Stadträtin Elke Kahr ein Beispiel nehmen: Konkrete Lebenshilfe, wie in diesem Fall bei Wohnproblemen, kommt bei der betroffenen Bevölkerung offensichtlich besser an als ständig nur von Verteilungsgerechtigkeit zu reden. Weder Ideologie noch platter Populismus sind gefragt, sondern die praktische Verbesserung der Lebensumstände.

Auch die Grünen können eine Lehre aus Graz ziehen: Sie sind keine Alternative für Regierungsprotest.

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