Wahrnehmungsstörungen

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Das quälende und unergiebige Gerangel der letzten beiden Tage im Ibiza-U-Ausschuss hat einen fragwürdigen Beigeschmack.
Rudolf Mitlöhner

Rudolf Mitlöhner

Die Entgleisung der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper wirft ein Schlaglicht auf den laufenden „Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung“ vulgo Ibiza-U-Ausschuss.  „Die geht ma am O…“, ließ sie ins versehentlich nicht abgeschaltete Mikrofon wissen; gemeint gewesen sein dürfte die Verfahrensrichterin.

Der nachträgliche Rechtfertigungsversuch machte es eher noch schlimmer: „Nein, ich ärger(t)e mich über ‚sie‘, die Zustände – heute in der Summe“, versuchte sie die Sache via Twitter einzufangen. Nur dass „die Zustände“ halt Plural gewesen wären („gehen mir …“).

An sich nicht weiter bedeutend – nur dass man schon drauf hinweisen darf, dass sich das juste milieu nicht eingekriegt hätte, wäre dieser Lapsus einem ÖVP- oder FPÖ-Politiker passiert.

Abgesehen davon aber bündelt sich in diesem Sager das ganze quälende wie unergiebige  Gerangel dieser U-Ausschuss-Tage. Sie waren ja – mit den Protagonisten Sebastian Kurz und Gernot Blümel – der programmierte Höhepunkt des gesamten Unterfangens. Was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass der politischen Linken seit jeher nicht die FPÖ, sondern die ÖVP als der eigentliche Hauptfeind gilt (aus weltanschaulichen wie historischen Gründen). Dass eine der Linksparteien nun mit der ÖVP in der Regierung sitzt, macht die Konstellation des Ausschusses zusätzlich pikant.

Das Ergebnis dieser beiden Tage ist jedenfalls äußerst dürftig, die Hoffnung der Opposition, die ÖVP entsprechend vorführen zu können, hat sich definitiv nicht erfüllt. Das liegt natürlich auch daran, dass sich insbesondere Gernot Blümel an Dinge nicht erinnern konnte, bei denen selbst Wohlmeinende leise Zweifel beschleichen dürften. Es hat aber auch damit zu tun, dass die befragenden Abgeordneten keinen roten Faden hatten, nicht zum Punkt kamen, sich heillos an Nebenfronten verzettelten. Symbolisch dafür mag die ständig verwendete Phrase „haben Sie eine Wahrnehmung von …?“ stehen.

Ein weiterer Teil der Wahrheit dürfte freilich sein, dass nicht alles, was vor allem Rot und Pink für einen Skandal halten, auch einer ist. Vieles, was hier verhandelt wird, ist – zum Teil sicher fragwürdige, auch schlechte – Usance heimischer Politik, egal, welche Parteien gerade am Ruder sind. Oder überhaupt Teil des Geschäfts, das schlicht mit Macht zu tun hat: was eben bedeutet, eigenen politischen Vorstellungen Geltung zu verschaffen.

Nein, das rechtfertigt natürlich nicht alles – und etliches werden ja die Gerichte klären. Aber die Politshow im Parlament hat einen fragwürdigen Beigeschmack. Und ob die dort hochgejazzten Themen wirklich die größten Probleme der Republik sind, darf man füglich bezweifeln.

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