Von Trullas, Trollen und treuen Fans

Martina Salomon

Martina Salomon

Politiker (und manchmal auch Journalisten) sind in sozialen Netzen oft Freiwild.

von Dr. Martina Salomon

über gute und böse Kontakte mit Lesern.

Der EU-Justizkommissarin Vera Jourova reicht es: Sie kritisiert den "digitalen Wilden Westen" und hat ihr Facebook-Konto gelöscht. Man kann es nachvollziehen: Politiker – besonders weibliche – sind im Netz Freiwild. Sind sie nicht zu hässlich, zu fett, zu reich, zu grell, zu blass, zu dumm, fehlt ihr nicht in Wahrheit ein Mann, Sie wissen schon ...?

Dennoch: Klug genutzt sind die sozialen Medien eine nie da gewesene Chance der Kommunikation zwischen Politikern und Bürgern – zwischen Medienleuten und -konsumenten. Auch wenn sich jede Menge Manipulanten, Denunzianten und Trolle darauf tummeln. KURIER-Journalisten haben es leichter: Bei unseren vielfältigen Veranstaltungen (Höhepunkt: der KURIER-Tag vergangenen Donnerstag) treffen wir die realen Leser (heuer waren übrigens 2000 da). Da regnet es positive Reaktionen und auch ein paar kritische (ja, wir haben zu viele Rechtschreibfehler in der Zeitung und arbeiten an Verbesserung).

Im Schutz der Anonymität toben hingegen oft Gehässigkeit und Frauenverachtung. So schrieb ein Herr (?) mit Pseudonym "ohne Prominentenbild" kürzlich unter eine Kolumne Ihrer Autorin: "Mir hat Ihr Kleid bei ,Minna von Barnhelm‘ gefallen. Deshalb überlassen Sie bitte die größtenteils polemische Berichterstattung zum Thema Diesel Ihren Kollegen von der Motorredaktion." Wer das war? Keine Ahnung, im Theater hatte sich kein Leser zu erkennen gegeben.

"bleds muuh"

Wer es – noch dazu als Frau! – wagt, wirtschaftsliberale Thesen zu äußern, wird im Netz gerne rein zufällig von der Chefredakteurin zur Chefsekretärin herabgestuft. Ein "Salomonisch" gegen das bedingungslose Grundeinkommen rief einen anderen Anonymus mit Nickname "Lieber reich als arm" auf den Plan: "Ihr unersättlicher Kapitalfaschismus ist leider Realität, Frau Salomon, aber Sie werden noch selbst heilfroh sein, dass es so ein Grundeinkommen geben wird, weil Zeitungsschreiberlinge bald Museums-Figuren sein werden."

Aber den Vogel schoss ein Leser ab, der seiner Empörung über eine Kolumne freien Lauf ließ, in der Uber zwar kritisch, die heimischen Taxis aber noch skeptischer betrachtet wurden. Unter "huha" kam folgendes Mail: "du deppate brunzkuah foah mitn fiaka, wenn das' taxi net passt! und erkundig di zeast, bevoast an schaaß schreibst:a lizenz is a lizenz und a taxla-schein is a taxla- schein! bleds muuh !" Ihre Autorin – um Contenance bemüht – schrieb nur zurück: "Puh! So unterirdisch hätte ich die Taxler ja gar nicht eingeschätzt."

Wirklich unter die Haut ging der Kolumnistin hingegen ein Facebook-Posting, in dem ausgerechnet eine (sich sonst politisch sehr korrekt gebende) Frau unterstellte, der Autorin mangle es wohl an Streicheleinheiten, sonst würde sie nicht so bissig schreiben.

Lustig hingegen die Leserin, die am KURIER-Tag fragte: "Sind Sie die Uschi Fellner?" Ein anderer Leser wartete ungeduldig vor dem Festzelt, weil er unbedingt den Chefredakteur treffen wollte. Auf unsere Antwort, dass das gerade schwer möglich sei, weil soeben der Bundeskanzler angekommen sei, antwortete er nur: "Der interessiert mi net, i wü den Brandstätter treffen!" Es gibt eben auch wahre Fans.

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