Schade. Denn das Anliegen dahinter ist fast überlebenswichtig: Österreich gehen die Arbeitskräfte aus. Das ist nicht nur ein Problem der Arbeitgeber, sondern von uns allen: Ganze Spitalsabteilungen bleiben derzeit wegen Pflegepersonalmangels geschlossen; die Umrüstung auf klimafreundliche Energie im Haushalt stockt, weil Firmen zu wenig Elektriker finden, um Aufträge abzuarbeiten; Wirtshäuser schließen, weil Köche und Kellner fehlen. Höhere Bezahlung schafft da nur teilweise Abhilfe – davon abgesehen müssen sich die Firmen das auch leisten können bzw. befeuert es natürlich die allseits beklagte Teuerung.
Die Österreicher gehen nicht nur zu früh in Pension, sie arbeiten auch zu oft Teilzeit. Letztere ist natürlich höchst sinnvoll, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Kocher hätte gleich darlegen müssen, dass dafür keine Verschlechterungen drohen. Aber der Teilzeitboom scheint mittlerweile Modeerscheinung einer saturierten Gesellschaft zu sein, die glaubt, sich darauf verlassen zu können, vom Sozialstaat im Falle des Falles schon aufgefangen zu werden.
In ein paar Jahrzehnten werden die jetzt Jungen nämlich die Rechnung auf ihrem Pensionskonto präsentiert bekommen: Wer dauerhaft wenig arbeitet (und daher auch wenig verdient), dem droht Altersarmut, was wiederum die viel öfter Teilzeit arbeitenden Frauen deutlich mehr treffen wird. Wer also Gender-Pay-Gap und niedrige Frauenpensionen bedauert, muss dafür sorgen, dass Frauen nicht ewig in Teilzeit verharren und auch Männer Familienarbeit übernehmen. Wobei die immer wieder gehörte Behauptung, es gebe zu wenig öffentliche Kinderbetreuung, immer weniger zutrifft. Da wurde in Österreich mittlerweile sehr viel nachgeholt.
Umfragen zeigen, dass nicht nur die Familie, sondern auch einfach Bequemlichkeit einer der Gründe für Teilzeit geworden ist. Es ist daher richtig, wenn sich der Wirtschafts- und Arbeitsminister dieses Themas annimmt (und bedauerlich, dass mit dem Koalitionspartner und der Opposition hier so wenig „Meter“ zu machen sind). Aber vielleicht sollte Martin Kocher mal bei Gerald Fleischmann nachfragen, wie man das professionell kommuniziert.
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