Österreichs Verhältnis zu Israel läuft heute im Diplomaten-Jargon unter „sehr gute Beziehungen“. Das war nicht immer so. Die lange verdrängte Mitverantwortung für die Verbrechen im Zweiten Weltkrieg, die Araber-freundliche Nahost-Politik des Bruno Kreisky und ein Präsident Kurt Waldheim, der seine NS-Vergangenheit leugnete, machten die Beziehungen die längste Zeit labilst.
Erst die Rede Franz Vranitzkys vor genau 30 Jahren im Parlament und später in Jerusalem, in der er Österreichs Opferthese relativierte („Viele Österreicher waren unter den Tätern“), markierte einen Wendepunkt. Daran änderte auch der Zwist über die Regierungsbeteiligung der Haider-FPÖ im Jahr 2000 nichts: Es war die Schüssel-Regierung, die die Entschädigungscausa entscheidend voranbrachte.
Österreich muss sich seiner historischen Verantwortung gegenüber Israel stets bewusst sein, ja. Es muss aber in der Beurteilung israelischer Politik unbelastet agieren dürfen. Kritik an Israel ist kein Antisemitismus (und auch kein Vorschub dafür – die Idioten stricken sich ihre Welt schon selbst). So wie Solidarität mit Israel nicht per se Verrat an der palästinensischen Sache ist.
Heißt: Ja, die israelische Flagge auf Regierungsgebäuden als Zeichen gegen den Terror – und nichts anderes waren die mehr als 4.000 (!) Raketen radikaler Islamisten auf zivile Ziele in Israel – und gegen antisemitische Aufwallungen ist mehr als legitim. Deutliche Wortmeldungen gegen Israels Siedlungspolitik stünden der österreichischen Regierung aber auch einmal gut an. Die ostentative Nähe des Kanzlers zum israelischen Langzeit-Premier Netanjahu ist noch keine Nahost-Politik.
Deutschland macht vor, wie es geht: Angela Merkel hat das Recht Israels auf „massive“ Selbstverteidigung betont und „null Toleranz“ für Ausfälle gegen das Judentum als Ganzes postuliert. Aber: Deutschland hat Israel in Sachen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten, die mit ein Quell des Konflikts ist und jeder Lösung entgegensteht, mehrfach kritisiert. So selbstbewusst loyal und differenziert kann man selbst mit einer einschlägigen Vergangenheit gegenüber Israel auftreten. Auch unter Freunden.
Kommentare