Ist das schlimm? Die Frontfrau der Grünen hat abgeschrieben, und der selbsternannte Plagiatsjäger Stefan Weber hat sie dabei erwischt. 12 Stellen in dem Buch sind teilweise 1:1 von anderen Texten abgekupfert. Aber es handle sich bei dem Buch auch um keine wissenschaftliche Arbeit, sagen die Anwälte der Grünen, von Plagiat in juristischer Hinsicht könne also keine Rede sein.
Dafür empören sich die Grünen über eine Rufmordkampagne an ihrer Hoffnungsträgerin, weil sie a) Frau sei und b) unliebsame grüne Positionen vertrete und c) überhaupt die Lust an der Vernichtung von politischem Personal grenzenlos geworden sei.
Stimmt schon: Das Hochjazzen und die anschließende Versternschnuppung von neuen Stars auf der Politbühne samt der Verzückung darüber ist ein (mediales) Phänomen unserer Zeit. Und man kann auch das, was der manchmal von irgendwem bezahlte, diesmal aus eigenem Antrieb tätige Plagiatsjäger Weber tut, als selbstgerechte, unerträgliche Vernaderung sehen.
Aber die Grundfrage ist nicht, ob Baerbock eine Frau oder grün ist und deshalb im Sturm der Kritik steht – das ist Themenverfehlung. Die Frage lautet: Wie glaubwürdig ist die Person, die nicht Supermarkt-Filialleiterin, sondern deutsche Kanzlerin werden will?
Annalena Baerbock hat Fehler bei der Meldung ihrer Nebeneinkünfte gemacht (und eingestanden). Sie hat ihre Biografie mit ein paar Ungenauigkeiten verbessert und vermutlich erst damit den Plagiatsjäger neugierig gemacht. Und sie hat ein Buch hingefetzt, das zumindest grob gegen publizistische Anstandsregeln verstößt.
Politiker lügen. Da, weil Wählern die Wahrheit nicht zumutbar ist. Dort, um die eigene Haut zu retten. Das ist mitunter zulässig und dann wieder gar nicht. Aber darum geht es hier nicht. Im Fall Baerbock geht es darum, ob ein Land von jemandem regiert werden will, der bzw. die es nötig hat, sich mit Aufschneiden und Schummeln selbst zu erhöhen – nach 16 Jahren mit einer Kanzlerin der Integrität, der solches völlig fremd war.
Annalena Baerbock hat sich einfach selbst geschadet, so lässlich die Sünden gewesen sein mögen. Mit ihnen, könnte man abkupfern, ist sie in der Kurzfristigkeit angekommen und hat die strategische Tiefe verloren.
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