Dabei ist jeder Tag, an dem die Ukraine-Krise nicht eskaliert, ein guter Tag. Abgesehen von der humanitären Katastrophe hätte eine Eskalation globale ökonomische Auswirkungen, die uns härter treffen würden als die Covid-Pandemie.
Denn beide Seiten sind sehr eng miteinander verknüpft. Das nährt die Hoffnung, dass am Ende der Verstand siegt. Doch Wladimir Putin ist mittlerweile der Irrwicht der Weltpolitik. Aber auch über US-Präsident Joe Biden durfte man sich zuletzt wundern. Russland würde mit nie dagewesenen Sanktionen bestraft werden, tönte er. Weiß Biden, was ein Bumerang ist?
Die Lieferketten-Experten des US-Start-ups Interos haben recherchiert, dass mehr als 1.100 US-Firmen und 1.300 europäische Unternehmen mindestens einen direkten Zulieferer in Russland haben und mehr als 400 Firmen in den USA und Europa in der Ukraine.
Im Fall von Gegensanktionen könnte also Russland nicht nur seine Öl- und Gaslieferungen drosseln. Es könnte auch andere wichtige Rohstoffe blockieren. Allein 40 Prozent des von der EU importierten Palladiums kommen aus Russland. Das ist ein wichtiger Stoff für Katalysatoren.
Freilich: Auch Russland ist schwer verwundbar. Denn es ist voll integriert in den internationalen Kapitalmarkt. Die USA würden wahrscheinlich den russischen Banken den Zugang zu ihrem Bankensystem sperren. Damit würden sie internationale Finanztransaktionen russischer Unternehmen lahmlegen.
Zudem ist Russland im Alltag sehr stark von westlicher Technologie abhängig. Im Extremfall könnte der Westen das öffentliche Leben in Russland zum Stillstand bringen, sagen Experten von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik. So werden etwa die Mobilfunknetze zum überwiegenden Teil von Ericsson und Nokia betrieben.
Und dann wäre da noch die Ukraine. Im Libanon stammt die Hälfte des importierten Weizens aus der Ukraine, in der Türkei ist es ein Viertel. Ägypten ist sowohl von Russland als auch von der Ukraine abhängig.
Warum das jetzt für uns wichtig ist? Sollten die weltweiten Weizenpreise in die Höhe schnellen, könnte das im Nahen Osten zu neuen sozialen Unruhen führen. So wie 2011 mit dem Beginn des „Arabischen Frühlings“. Damals hatte Russland kurz zuvor all seine Getreide-Exporte gekappt.
Kommentare