Kein blauer Kraut-und-Rüben-Ausschuss

Head of Freedom Party Herbert Kickl attends a press conference in Vienna
Der VfGH schiebt dem Missbrauch von U-Ausschüssen für parteipolitische Showeinlagen einen Riegel vor. Die FPÖ kann dennoch gelassen sein.
Josef Gebhard

Josef Gebhard

Was haben die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und die Causa Pilnacek miteinander zu tun? Was wie die Einleitung zu einem Witz von überschaubarer Qualität klingt, war nun tatsächlich über Monate Gegenstand verfassungsrechtlicher Erörterungen. Konnte sich doch die FPÖ nicht entscheiden, mit welchem der beiden Themen sich besser politisches Kleingeld wechseln ließe – weshalb sie kurzerhand beide gleichzeitig in einem Untersuchungsausschuss ausleuchten lassen wollte.

Die von Anfang an sehr fadenscheinig klingende Begründung: In beiden Fällen – das polizeiliche Vorgehen gegen die Kritiker der Corona-Maßnahmen sowie mögliche Verfehlungen bei den Ermittlungen zum Tod des Justizbeamten – gehe es um Machtmissbrauch durch die ÖVP, insbesondere im türkis geführten Innenministerium.

Keine Frage: Rund um das Ableben des einst so mächtigen ehemaligen Generalsekretärs Christian Pilnacek gibt es mögliche Ungereimtheiten, die restlos aufgeklärt werden müssen. Dies gilt auch für manche Schritte, die die Regierung in der Pandemie gesetzt hat. Wenn die FPÖ aber diese beiden so artfremden Themen miteinander verknüpft, liegt der Verdacht nahe, dass es ihr weniger um Aufklärung, sondern rein um plumpen Populismus geht.

Nach den Regierungsparteien hat nun auch der Verfassungsgerichtshof erkannt, dass sich dieser inhaltliche Spagat nicht ausgeht. Eine richtungsweisende Entscheidung. Drohte doch zuletzt das so wichtige Kontrollinstrument U-Ausschuss zu einer parteipolitischen Show ohne Substanz zu verkommen.

Die Tür dazu wurde spätestens 2023 von der ÖVP aufgestoßen, als sie einen U-Ausschuss zum angeblichen „rot-blauen Machtmissbrauch“ einsetzte, der angebliche Verfehlungen der beiden Parteien bis zurück ins Jahr 2007 (!) zum Thema haben sollte. Der Erkenntnisgewinn blieb überschaubar. Immerhin wissen wir aber jetzt, dass Herbert Kickl als Innenminister fünf Stifte im Wert von 900 Euro bestellt hat.

Umso wichtiger, dass die Höchstrichter solchen Showeinlagen jetzt einen Riegel vorschieben. Hat doch ihre Entscheidung Vorbildwirkung für künftige U-Ausschüsse.

Und die FPÖ? Für sie brachte der gestrige Tag eine verschmerzbare Niederlage. Kann sie sich doch gegenüber ihren mitunter etwas leichtgläubigen Getreuen erst recht als Opfer des „ÖVP-Machtkartells“ inszenieren, das mit allen juristischen Winkelzügen eine Aufklärung der beiden Causen zu verhindern versuche. Denn direkt den VfGH anzugreifen, traut sich die FPÖ nicht. Davon abgesehen wird sie jetzt wohl aus einem U-Ausschuss einfach zwei machen. Womit sich aus der Sicht der Blauen im Idealfall auch die mediale Aufmerksamkeitsspanne verdoppelt.

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