Systemkritik unerwünscht
Das führt zu einem Obrigkeitsstaat, in dem man lieber die "Goschn" hält, um nicht "droschn" zu werden.
Würde ein Fleischhauer, sagen wir in der Buckligen Welt, mit einem Aufschrei gegen Bürokratie-Schikanen genauso viel Aufmerksamkeit bekommen, wie die Ex-Miss und Besitzerin eines Wiener Schönheitssalons oder ein leicht kauziger Waldviertler Schuhmacher mit originellen Finanzierungsideen? Wahrscheinlich nicht. Natürlich sollte man Unternehmer(innen), die auf der Klaviatur der medialen Aufregung spielen können, nicht taxfrei zu Helden stilisieren, sondern genau anschauen, ob nicht tatsächlich Gesetze gebrochen wurden. Aber – umgekehrt – kann es auch nicht sein, dass das "System" (nicht nur in diesem Fall) zurückschlägt, wenn es jemand wagt, Kritik an überbordender und oft sinnentleerter Bürokratie zu üben. Das führt zu einem Obrigkeitsstaat, in dem man lieber die "Goschn" hält, um nicht "droschn" zu werden, wie es die betroffene Salonbesitzerin auf Facebook drastisch formulierte.
Die Geschichte zeigt auch exemplarisch den schlechten Zustand der Koalition. Der Wirtschaftsminister engagiert sich für die Unternehmerin, kann aber nicht verhindern, dass die Arbeitsinspektoren des Sozialministers zur eingehenden Perlustrierung anrücken. (Wobei es auch vernünftige Kontrolleure geben soll, die beraten, statt gleich drakonisch zu strafen). Der Wirtschaftsminister lädt nun zu einem runden Tisch und fordert eine Generalreform des Arbeitnehmerschutzes. Vielleicht lädt er ja auch Bundeskanzler Kern dazu ein, der schließlich bei der Vorstellung seines (Wahl-)Programms in Wels zu Recht auf bürokratische Hürden fürs Gewerbe hingewiesen hat. So könnte die Wut-Waxing-Dame am Ende eine Schneise in das Paragraphen-Dickicht geschlagen haben, auch wenn sie selbst ihre drei Betriebe womöglich dicht macht.
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