Stadtplanung, das Stiefkind der Politik

Vom Hauptbahnhof bis zu den Büro-Containern am Heldenplatz: Können wir es wirklich nicht besser?
Martina Salomon

Martina Salomon

Man schreckt nicht einmal davor zurück, Büro-Container auf den Heldenplatz zu klotzen.

von Dr. Martina Salomon

über Stadtplanung

Der Wiener Hauptbahnhof ist für viele der dort ansässigen Unternehmer kein großes Geschäft, der KURIER berichtete. Überraschung? Nein, nur das Symptom einer vertanen Jahrhundertchance. Auf dem Gelände des einstigen Süd- und Ostbahnhofs hätte eine Museumsinsel (mit der Einbindung von Belvedere, Arsenal und 21iger Haus) und eine Verbindung der Bezirke Wieden, Landstraße und Favoriten entstehen können. Klar, dort wird noch immer gebaut. Aber man kann jetzt schon sagen: Der Bahnhof selbst bietet unambitionierte Architektur, gepaart mit langen unterirdischen Gehwegen. Die Neu- beziehungsweise Gar-nicht-Gestaltung des "Südtiroler Platzes" macht das Wiener Eingangsportal zum "Unort".

Die amtszuständigen Wiener Grünen, einst mit großen Ideen gestartet, enttäuschen. Langsam können sie sich auch nicht mehr herausreden, dass sie vieles von ihren Vorgängern übernehmen mussten und wenig Gestaltungsspielraum hatten. Immerhin regieren sie seit 2010! Allerdings herrscht an der Raumplanung in diesem Land ein erschreckendes Desinteresse. Dabei hat Österreich einen horrenden Flächenverbrauch am flachen Land. In der Stadt wiederum wird wegen des Zuwanderungsdrucks alles genehmigt. Daher wird auch zugelassen – und durch Umwidmungen noch gefördert –, dass Bauherrn das Maximum herausschinden und oft viel zu hoch, viel zu verdichtet bauen. Großzügige, moderne Architektur bleibt die Ausnahme, vieles endet als fauler Kompromiss, siehe "Wien Mitte".

Das humane Maß geht verloren

Die Politik quält Immobilienentwickler mit überzogenen Auflagen und verteuert dadurch das Bauen, kümmert sich aber viel zu wenig um Wichtigeres. Etwa, dass Neubaugebiete mit riesigen Wohn- oder Bürosilos auch menschenfreundliche Plätze brauchen, auf denen man gerne verweilt. Und Gassenlokale statt nur Garagen im Erdgeschoß. Man überlässt den öffentlichen Raum den Investoren, denen man keinen Vorwurf machen kann, dass sie den Gewinn in den Vordergrund rücken (müssen). Es ist Aufgabe der Politik, sich um humane Maße und vernünftiges Nebeneinander zu kümmern.

Und auch wenn es wegen der Eigentumsverhältnisse oft schwierig ist, so müsste doch auch die Nachnutzung vieler, vieler Quadratmeter leerstehender Bürofläche stärker in den Fokus rücken. Aber lieber wird Neues neben das Leerstehende gebaut. Da schreckt man nicht einmal davor zurück, Büro-Container auf den Heldenplatz zu klotzen. Statt über bessere Stadtplanung zu reden, wird eine lächerliche Debatte über die Umbenennung des Platzes vom Zaun gebrochen. Typisch Österreich.

Man kann alles wegreißen, wenn etwas qualitativ Besseres entsteht, sagen Architekten. Stimmt. Aber wer das Gros der heimischen Vorzeigeprojekte betrachtet, der kann nur resigniert feststellen: Konzentrieren wir uns doch lieber wieder mehr auf die Bewahrung unseres kulturellen Erbes. Es ist unsere größte Stärke.

Kommentare