80 Jahre nach Erscheinen des programmatischen Werks des wirtschaftsliberalen Professors Friedrich August von Hayek „Der Weg zur Knechtschaft“ ließ die Wirtschaftskammer Wien dessen Thesen wieder auferstehen. Der Einladung auf das Podium folgte nicht nur Wolfgang Schüssel, sondern auch Christian Kern, was durchaus mutig war, steht seine Partei doch neuerdings in besonders scharfem Widerspruch zu Hayeks Thesen von „mehr privat und weniger Staat“.
Der in der Politik an Sebastian Kurz (und an sich selbst) gescheiterte Manager und heutige Unternehmer Kern sprach reflektiert über Kurzatmigkeit und ausufernden Populismus in allen Parteien und dass er darauf hoffe, dass das Pendel wieder zurückschwingen werde. Schüssel warnte vor den aus dem Ruder laufenden Budgetdefiziten und dass Europa aufpassen müsse, sein „zutiefst soziales Wirtschaftssystem“ erhalten zu können, wenn es nicht einmal mehr in der Lage sei, ohne Probleme Freihandelsabkommen zu schließen.
Natürlich erscheinen Politiker im milden Licht des Rückblicks strahlender – auch weil sie, von den Fesseln der Koalition sowie von eigenen Parteizwängen befreit, vernünftiger argumentieren können. Aber die beiden wirken dennoch wie Lichtgestalten in einer von Wirtschaftssachverstand weitgehend befreiten Politlandschaft: Wenn Andreas Babler die 32-Stunden-Woche propagiert und platt-populistisch das uralte rote Erfolgsmodell auspackt – keine Erhöhung des Pensionsantrittsalters – dann geht’s da wohl nicht um nachhaltige Politik.
Wenn die ÖVP in Panik gerät, nur weil Verfassungsministerin Karoline Edtstadler sagt, was Sache ist, nämlich, dass die Österreicher in Summe eher mehr als weniger arbeiten werden müssen, um den Wohlstand zu erhalten, dann dürfen sich die Schwarzen nicht mehr Wirtschaftspartei nennen. Apropos Wirtschaft: Minister Martin Kocher sagte beim Hayek-Symposium kurzfristig ab, ohne Ersatz zu senden. Vielleicht, weil es in der ÖVP sonst kaum noch Wirtschaftsfachleute gibt?
Es spricht jedenfalls viel für den Befund der Geschäftsführerin des deutschen Allensbach-Institutes, die eine beunruhigende Entfremdung zwischen Politik und Wirtschaft beobachtet. Parallel zur Veranstaltung kamen Meldungen, dass Magna in Graz weitere 500 Arbeitnehmer abbaut und A1 wichtige Bereiche nach Bulgarien verlagert.
In einem Wahljahr werden solche Warnsignale bewusst überhört, um das Volk bei Laune zu halten. Doch dieses spürt eine kommende Zeitenwende und glaubt den Populisten oder – wie Hayek schon 1944 schrieb – „den Sozialisten in allen Parteien“ ihre Heilsversprechen kaum noch.
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