Das Problem in der momentanen geopolitischen Lage (vergessen Sie das Wort Problem gleich wieder, sorry, reden wir lieber von Herausforderungen) ist: Wir sind von Themen und Entwicklungen umgeben, die wir selbst kaum beeinflussen können. Ob Inflation, hohe Energiepreise, lange Lieferketten, Klimawandel, steile Infektionskurven – all die komplexen Dinge, mit denen wir konfrontiert sind, können wir zumindest akut nicht ändern. Und mit vollem Kopf grübelt sich’s schlecht. Das ist freilich kein Aufruf zu Resignation oder zum Wegschauen, das wäre fatal, weil nur die Bewusstmachung, das Aufstehen gegen Ungerechtigkeiten, nur kollektive Ziele die Welt besser machen können.
Aber wir könnten mit dem beginnen, was wir wirklich selbst beeinflussen und relativ rasch verbessern können: dem Umgang miteinander. In der Coronakrise sind wir auf Distanz zueinander gegangen, zwangsweise, das Ende des Händeschüttelns war nur ein Symbol für fehlende Nähe. Seither ist es jedoch nicht besser geworden, die Egozentrik hat den ganzen Raum, den wir uns genommen haben, ausgefüllt. Die meisten Menschen denken nur noch an sich, das fängt im Kleinen an, bei Begegnungen im öffentlichen Raum, wenn etwa niemand mehr zur Seite geht, wenn ein Fußgänger kommt oder man Menschen nicht mehr zuerst aus der U-Bahn aussteigen lässt. Und es führt in Folge zu Geiz und Gier. Höflichkeiten oder gar Altruismus sind aus der Zeit gefallen.
Wann, wenn nicht im Urlaub, sollte man anfangen, wieder anders miteinander umzugehen, andere Meinungen als Bereicherung, nicht als Attacke zu sehen? Und wann, wenn nicht jetzt, in einer Zeit der Mehrfachkrisen, kommt es auch auf kleine Gesten an? Schütten wir die aufgerissenen Gräben vor der eigenen Tür zu. Und versuchen wir zumindest, diese Energie nach dem Urlaub mit in den Alltag zu nehmen. Die Realität holt uns ohnehin früh genug ein.
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