Nur damit das klar ist: Der oben erwähnte Besuch Putins fand nach der Annexion der Krim, nach der Ausrufung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk statt. Man wusste also damals schon (und eigentlich auch schon früher), wie Putin tickt. Die Szene kann exemplarisch für den schwierigen Umgang Österreichs mit dem Riesenreich im Osten gelten. Sie zeigt, wie schmal der Grat zwischen peinlicher Anbiederung und sturer Boykotthaltung ist.
Theoretisch wäre die Lösung ganz einfach: der Mittelweg einer Partnerschaft auf Augenhöhe, welche scharfe Kritik nicht ausschließt. Realpolitisch ist das, so scheint es, schier unmöglich. Warum aber fällt uns das so schwer? Es hat wohl mit einer habituellen Neigung zur Unterwürfigkeit gegenüber Potentaten aller Art zu tun. Auch mit unserer mentalitätsmäßigen „Neutralität“, welche ja ein gutes Stück Opportunismus einschließt. Dazu kommt noch ein tief sitzender Antiamerikanismus, der sich gerne auch als Antikapitalismus (inklusive Technikfeindlichkeit) oder bisweilen Antizionismus manifestiert.
Die ideologische Welt ist ebenso wenig eine Scheibe wie die geografische – die Extreme berühren einander. Die oben angerissenen Haltungen finden sich am rechten wie linken Rand. Dabei ist klar, dass Russland politisch wie wirtschaftlich ein Partner Österreichs wie Europas insgesamt sein muss – und auch, dass es geistig-kulturell starke europäische Anteile hat: Das Wort von Johannes Paul II., wonach Europa mit beiden Lungenflügeln (West und Ost) atmen müsse, um es selbst zu bleiben, gilt unvermindert.
Dazu bräuchte es freilich erst einmal so etwas wie Selbstbewusstsein im Wortsinn: Wissen, wer man ist bzw. sein will. Oder, wie es Mathias Döpfner in der Welt formuliert: „eine militärisch grundierte Allianz demokratischer Werte“, welche freilich bleibend transatlantisch ausgerichtet sein muss. Indes, was sich über Österreichs Rolle in Europa kritisch sagen lässt – sein Pendeln zwischen Großmannssucht und Selbstverzwergung –, das gilt ja cum grano salis auch für Europa in der Welt. Das mag sympathisch wirken und den Mächtigen launige Bemerkungen (s. o.) abringen – wirklich ernstgenommen wird man so halt eher nicht.
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