Genauso wenig war es bis vor Kurzem vorstellbar, wie leicht es den Hasspredigern mittlerweile möglich ist, dank völlig unkontrollierter sozialer Medien ihre Kämpfer gegen den verhassten Westen zu rekrutieren. Und das immer öfter buchstäblich im Kinderzimmer, wie der jüngste Fall eines 14-Jährigen zeigt, der laut Ermittlern einen Anschlag auf den Wiener Westbahnhof verüben wollte.
Der Umstand, dass es sich bei ihm um einen Türkischstämmigen mit allerdings österreichischer Staatsbürgerschaft handelt, zeigt einmal mehr, wie kompliziert der Kampf gegen den globalen Terror geworden ist. Schärfere Maßnahmen gegen Flüchtlinge und illegale Migranten werden jedenfalls nicht reichen, um ihn dauerhaft besiegen zu können.
Bemerkenswerterweise kommen solche eher eindimensionalen Vorschläge meist von jener Seite, die auch den wachsenden militärischen Bedrohungen, denen Europa – und damit auch Österreich – ausgesetzt ist, mit denkbar einfachen Rezepten begegnen wollen: mit der Beschwörung von Österreich als „Festung“ oder kitschig-antiquiert als „Insel der Seligen“. Eine solche war Österreich, nebenbei bemerkt, selbst in der vermeintlich guten alten Zeit nie. Und wird es in absehbarer Zeit auch nicht sein – angesichts eines aggressiven russischen Expansionismus und eines gleichzeitig drohenden sicherheitspolitischen Rückzugs der USA aus Europa.
„Auch Österreich muss sich entscheiden“, sagt die ehemalige NATO-Strategin Stefanie Babst zum KURIER. Das bedeutet abermals, sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die bis vor Kurzem schwer vorstellbar waren. Etwa, dass auch Österreichs Neutralität früher oder später infrage gestellt werden muss, wenn es eine schlagkräftige europäische Sicherheitsarchitektur ohne USA geben soll.
Sie wird freilich nicht Realität werden ohne enorme Aufwendungen, ja sogar Opfer, die heute noch gar nicht so recht vorstellbar sind. Dies jetzt schon offen anzusprechen, gehört jedenfalls zu einer ehrlichen Politik, von der neuerdings so häufig die Rede ist.
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