Schladmings Flitzer-Aufreger: (Halb)nackte Tatsachen

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Nach Schladming 2020 wird vermutlich mehr über eine halbnackte Amerikanerin als über Kristoffersens vierten Sieg diskutiert.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Zu Tonis Sailers Rennzeiten galt das steirische Schladming als ein eintöniger, hotelloser Bergbauort, der von Tirols Ski-Granden net amol ignoriert wurde. Das hat sich längst geändert.

In Schladming gewann Franz Klammer 1973 sein erstes Rennen – bei einer Brutalo-Abfahrt, in der Roland Thöni gegen einen Heustadl krachte.

In Schladming bewahrte Sepp Ferstl 1979 eine artistische Einlage vor dem Strangulieren, als der Deutsche wie ein Limbo-Tänzer auf der Ziellinie mit 120 km/h seinen Oberkörper nach hinten warf, weil sich (bedingt durch Nassschnee) das Zieltransparent fast bis zum Boden senkte.

In Schladming rettete Harti Weirather 1982 am letzten WM-Tag Österreichs Ehre, indem er in Gegenwart von Falco Abfahrtsgold holte.

In Schladming startete 1993 ein (damals vom ÖSV noch ignorierter) Hermann Maier unter falschem Namen in fahlem Licht bei einem Profi-Rennen, mit dem man auf die Watchlist der Verbände geriet.

In Schladming löste 1997 das erste Nightrace , mit dem die pardonierten Steirer als Veranstalter überzeugten, so einen Publikumsandrang aus, dass die FIS Schladming daraufhin nicht mehr übergehen konnte.

In Schladming 2013 wurde Marcel Hirscher Weltmeister, 2018 schämte er sich für Idioten, die Henrik Kristoffersen mit Schneebällen bewarfen.

Nach Schladming 2020 wird von etlichen der 1,7 Millionen ORF-Zeugen vermutlich mehr über eine halbnackte Amerikanerin als über Kristoffersens vierten Sieg diskutiert. Wie schon beim Champions-League-Finale LiverpoolTottenham überlistete Kinsey Wolanski alle Sperren. Auf der Ziellinie löste sie die Zeitnehmung vor Alex Vinatzer aus.

Miss Wolanski wird eine Verwaltungsstrafe aufgebrummt. Dass die Profi-Flitzerin eine Sonderprämie von der Tourismuswerbung erhält, ist nicht bekannt. Auch wenn sie Schladming (und sich selbst) via Social Media zur Bekanntheit in Ländern verhalf, in denen Ski nie zur Primetime ins TV käme.

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