Rudi, Rudi gib acht

Rudi, Rudi gib acht
Das Mega-Chaos beim Karawankentunnel ist Beleg eines Multi-Bürokratie-Versagens. Minister Rudolf Anschober gerät unter Druck
Michael Bachner

Michael Bachner

Der Föderalismus-Fleckerlteppich in Österreich mit seinen zu vielen Verwaltungsebenen und Amtsträgern, die im Zweifel den Telefonhörer nicht finden und wenig bis gar nicht miteinander reden, hat sich einmal mehr von seiner peinlicheren Seite gezeigt.

Gestaut hätte es sich angesichts des Ansturms an Reiserückkehrern aus Kroatien am Wochenende bestimmt. Auch an anderen Grenzübergängen mussten Urlauber länger als sonst ausharren, z. B. in Nickelsdorf aus Ungarn kommend. Aber das gigantische Ausmaß des Stau-Chaos in Kärnten wäre mit ein wenig mehr Hausverstand bestimmt vermeidbar gewesen. Darüber sind sich am Montag danach so gut wie alle Beobachter einig.

Das beginnt bei der „richtigen“, nämlich praxistauglichen Auslegung der Einreise-Verordnung aus dem Gesundheitsministerium. Und endet bei der Frage, warum bei einem derart erwartbaren Mega-Rückreise-Wochenende nicht wenigstens für Getränke und mobile Toiletten gesorgt wurde? Eine der vielen Erklärungen lautet: Weil ein Bezirksvorsteher schon beim seinerzeitigen Chaos um die Auszählung der Hofburg-Wahl vor Gericht musste, wollte er dieses Mal mit rigorosen Grenzkontrollen auf Nummer sicher gehen, und heraus kam – zum Leidwesen aller Beteiligten – ein Dauereinsatz des Roten Kreuzes.

Die Mischung aus einer schlecht kommunizierten Last-minute-Verordnung samt einer neuen „Erklärung für die Ein- und Durchreise“ für Urlauber, die wie in einem Schildbürgerstreich nicht kommuniziert, dafür umso strenger kontrolliert wurde, ergibt die Zutaten zu diesem Multi-Bürokratie-Versagen.

Und weil das ganze Theater noch dazu ohne jede Vorwarnung für Tausende deutsche, niederländische und österreichische Urlauber in Kroatien über die Bühne ging, ist das Schlamassel für den Tourismus auch imagemäßig perfekt. Österreich steht im Ausland wieder einmal wie die Deppennation Nr. 1 da. Wer geglaubt hat, Ischgl kann sich nicht wiederholen, wurde am Fuße der Karawanken eines Besseren belehrt.

Kann das ohne Folgen bleiben? Nein.

Den Mega-Bauchfleck aber einzig und allein Gesundheitsminister Rudolf Anschober umzuhängen, wie das die Opposition versucht, wäre zu kurz gedacht. Aber die Frage, wie viele Fehler sich Anschober noch erlauben darf, wie lange er für Türkis-Grün noch den Corona-Krisenmanager geben kann, drängt sich dennoch auf. Trotz seines bisherigen Rekords an Pleiten, Pech und Pannen ist er nach wie vor der beliebteste Minister der Bundesregierung. Aber das kann sehr schnell kippen.

Spätestens wenn die Umfragewerte für Türkis-Grün insgesamt stärker zu sinken beginnen, wird ein Schuldiger gesucht und gefunden werden. Und momentan hüpft Anschober in der ersten Reihe auf und ab und ruft: „Hier, hier!“

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