Umweltministerin Gewessler kann in Brüssel also nicht zustimmen. Dass die Lebensmittel-Versorgungssicherheit durch die Reform gefährdet wäre, wie Landwirtschaftsminister Totschnig argumentiert, ist eher nicht zu erwarten. Schwerer wiegen andere „unerwünschte Nebenwirkungen“ des an sich vernünftigen Ziels. Zum Beispiel, dass damit wieder eine Flut neuer Vorschriften hereinbrechen könnte. Schon jetzt kann jeder Ziesel ein Bauprojekt – selbst den zur Ökowende dringend nötigen Ausbau der Stromnetze – verhindern. Österreich und die diversen Gerichte neigen außerdem zur Überauslegung von scheinbar unverbindlichen Zielvorstellungen, die dadurch zur (nicht erfüllten) Norm werden. Das Land steht dann wieder als „Umweltsünder“ da, obwohl es reich an (auch biologischer) Land(wirt)schaft ist und außerdem genug Wald hat, dessen Fläche hierzulande gar nicht schrumpft, sondern seit Jahrzehnten stets zunimmt. Auch den Badegewässern wurde soeben das EU-Siegel „ausgezeichnet“ ausgestellt. Alle Firmen haben mittlerweile eine Nachhaltigkeitsmission – was aufwendigst dokumentiert werden muss. Die Sorge ist berechtigt, dass auch die „Renaturierung“ zum Bürokratiemonster samt Strafzahlungen wird.
Wer für die Wiederherstellung ursprünglicher Natur ist, sollte erst einmal die Denaturierung stoppen. Da gibt es so viele Beispiele: die Zubetonierung des Wiener Donaufelds, in dem bisher Gemüse angebaut wurde; die Umwidmung historischer Grün-Oasen – vom Semmering bis Steinhof; die Umwandlung eines idyllischen Familienbads am Stadtrand von Wien in eine gigantische „Topgolf“-Hochhaus-Anlage mit 102 Abschlagplätzen, für die alle Bäume trotz Grünlandwidmung geopfert wurden usw. Es wäre schön, Land und Gemeinden würden sich wenigstens an bestehende Gesetze halten. Dann kann man sich ruhig um eine Renaturierung kümmern. Richtlinien aus Brüssel muss es dafür nicht unbedingt geben. Renaturieren wir lieber unsere eigene Verantwortung!
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