Reichtum verleiht auch anderen Flügel
Es ist der Stoff, aus dem sich später Heldenmärchen für Enkelkinder stricken lassen: „Damals, im Sommer 2018, als wir noch jung und nonkonformistisch waren, haben wir diesem Milliardär mit seinen Aludosen den Stinkefinger gezeigt.“ Jo eh, liebe Schabernacks, äh Schapka. Lässt sich als (gar nicht mehr so) jugendliche Torheit verbuchen. Wenn dahinter nicht die in Wien mittlerweile salonfähige „Eat the rich“-Haltung stecken würde. Sprich: „Wir da unten“ sind prinzipiell auf der moralisch richtigen Seite und die Reichen alle Halunken. Die allerdings mit ihren Steuern den Sozialtopf füllen, von dem jene oft leben müssen, die sich den Luxus kreativer Arbeit ohne entsprechendes zahlungsbereites Publikum leisten.
Der Red-Bull-49-Prozent-Eigentümer eignet sich aber ziemlich schlecht als Hassobjekt der vier Musikerinnen, die mit ihrer Kritik die „15 Minutes of fame“ (in Wahrheit sind es eh nur Sekunden) erlangen. Soll sich der Unternehmer dafür entschuldigen, mit einem genial vermarkteten Produkt erfolgreich gewesen zu sein? Oder dafür, 12.000 Menschen Arbeit zu geben? Niemand ist gezwungen, Energydrinks zu kaufen, ein paar Milliarden tun es – soll sein. Erstaunlicherweise zahlt der Steirer weiterhin in Österreich exorbitant hohe Steuern und füllt seine Dosen in Österreich ab. Er könnte das auch in Kambodscha tun und den Steuersitz des Unternehmens nach Irland, Amsterdam oder die Cayman-Inseln verlegen. Tut er nicht. Wenn Österreich auf seine Exportquote stolz ist, so hat Red Bull einen erheblichen Anteil daran.
Mateschitz hat sich außerdem nicht nur der Förderung des (Extrem-)Sports zur höheren Ehre seines Markenprodukts verschrieben, sondern investiert in Regionen Österreichs, die ohne ihn verkommen würden. Dank seines Geldes blieben wunderbare Schlösser, Wirtshäuser, Hotels erhalten, deren Restaurierung sich niemand sonst leisten wollte. Ja klar umgibt er sich auch mit Insignien des Reichtums, na und? Dürfen das nur Fußballer und Skifahrer, Popsänger und Operndiven tun, Unternehmer aber nicht?
Meinungsdiktatur?
Man muss auch nicht alles mögen, was Mateschitz (oder zum Beispiel Stronach) an politischen Statements abgibt und kann ihn ruhig dafür kritisieren. Gott sei Dank leben wir in einem Land mit Meinungsfreiheit. Dass gerade eine Punkband kritisiert, dass im langsam immer erfolgreicheren Mateschitz-Sender „ServusTV“ auch Menschen mit nicht mainstream-konformen Ansichten auftreten dürfen, hat eine fast humorige Note. Abgesehen davon: Ist unsere Demokratie tatsächlich so wenig gefestigt, dass wir schräge Wortmeldungen nicht mehr aushalten und nur mittels Meinungsdiktatur unterdrücken können?
Mateschitz zahlt Steuern, ist ein großzügiger – vielleicht auch schrulliger – Mäzen, der keine Fernsehinterviews gibt und sich nicht auf Society-Events herumtreibt. Sympathisch? Oder nicht? So what: Natürlich sollten wir mehr und nicht weniger Menschen von seinem Schlag in Österreich haben – oder auch mit der Staatsbürgerschaft anlocken. Was bitte soll daran schlecht sein?
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