Reden wir doch über Leistung

Ein Land, das erfolgreich bleiben will, darf sich nicht nur mit Durchschnitt zufriedengeben.
Martina Salomon

Martina Salomon

Beim Staatsopernballett flog ein Skandal auf, von dem Insider offenbar seit Jahrzehnten wussten: Dass man dort Kinder mit DDR-Methoden zur Hochleistung quält, dass einzelne Trainerinnen gewalttätig wurden. Natürlich geht das gar nicht, spät aber doch wurde es zumindest eingestanden. Wobei Ballett ein Spitzensport ist – mit einer Verletzungshäufigkeit wie beim American Football.

Wie hält es unsere Gesellschaft eigentlich mit Spitzenleistung? Möglicherweise fordern wir die nur als Zuseher ein. Österreich ist ein Land, das mit den Begriffen Elite, Auslese, Hochbegabung außerhalb sehr enger Bereiche wie der klassischen Musikausbildung und dem Skisport wenig anfangen kann. Schon eher unternehmen wir unglaubliche Anstrengungen gegen die Anstrengung: im Bildungswesen und oft auch in der Arbeitswelt. Tests, Noten, Autorität und Disziplin werden als Zumutung empfunden. Und wer an einem Projekt mit Leidenschaft eine Nacht durcharbeitet, könnte seiner Firma einen teuren Konflikt mit dem Arbeitsinspektorat bescheren.

Schwache stützen, Starke fördern

Dabei gab es einmal einen (ausgerechnet sozialdemokratischen) Bundeskanzler, Alfred Gusenbauer, der von der solidarischen Hochleistungsgesellschaft träumte. Genau das wäre das für Österreich passende Modell – die Kranken, Schwachen, Alten versorgen; jene mit familiären Betreuungsverpflichtungen stützen; und die Starken, Innovativen belohnen, statt sie zum Feindbild zu stempeln. Als exportorientiertes kleines Land können wir nur mit Hirnschmalz punkten und tun das auch (noch). Wir haben hochinnovative Betriebe, darunter Dutzende Weltmarktführer, denen aber zunehmend die Fachkräfte ausgehen. Das hat viele Gründe: u. a. ein sinkendes Bildungsniveau, einen zu großen Anteil an Menschen, die nicht arbeitsfähig oder -willig sind sowie eine schon seit Jahrzehnten grassierende Technik-, Handwerks-, Unternehmer- und, ja, auch Leistungsfeindlichkeit. Das geht bis hin zu Enteignungsfantasien, wie sie jetzt in Berlin rund um die dortige Mietenmisere entstanden sind. (Wobei es natürlich auch leistungsfeindlich ist, wenn sich die Bürger trotz höchster Anstrengung kein Wohn-Eigentum aus eigener Kraft mehr schaffen können.)

Wer unser hohes Niveau halten will – auch das des Sozialstaates – darf keinen Schlendrian einziehen lassen. Wobei die Antwort natürlich nicht brutaler, frühkindlicher Drill sein kann, wie man ihn in asiatischen Ländern gut beobachten kann. Zu Höchstleistung gehören auch Kreativität, Entfaltungsfreiheit, Querdenken gegen Autoritäten. Das erreicht man nur mit Fördern und Fordern, mit viel Lob und keinesfalls mit Gewalt wie zuletzt in der Staatsoper. Aber zweifellos muss man im Hochleistungsbereich manchmal auch über seine eigenen Grenzen gehen. An die Spitze zu kommen, ist leider nur selten ein Spaziergang.

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