PRO
Im Schanigarten, beim Warten auf die Straßenbahn oder auf dem Nachhauseweg zu Fuß: Der Geruch von Zigaretten ist in der Stadt zu einem ständigen Begleiter geworden. Das ist nicht nur lästig, sondern auch schädlich – insbesondere für Schwangere und Kinder (kaum zu glauben, dass Rauchen auf Spielplätzen formal noch erlaubt ist).
Denn "Mit-Rauchen" birgt – wenn auch in einem geringeren Ausmaß – dieselben Gesundheitsrisiken wie aktives Qualmen. Bereits nach kurzer Zeit werden Augen und Atemwege gereizt, längeres Passivrauchen schädigt Lunge sowie Herz-Kreislauf-System und erhöht das Krebsrisiko. Ob man drinnen oder draußen angepafft wird, macht laut einer Studie der Universität Stanford keinen allzu großen Unterschied. Fazit der US-Forscher: Wenn man im Straßencafé jemandem eng gegenübersitzt, der innerhalb einer Stunde zwei Zigaretten raucht, ist man den gleichen Belastungen ausgesetzt wie in einem Lokal, in dem geraucht werden darf.
In Summe, rechnet die WHO vor, sterben jedes Jahr weltweit etwa eine Million Menschen an den Folgen von indirektem Nikotinkonsum. Der (rechtspopulistische!) italienische Gesundheitsminister hat also einen Punkt, wenn er das nationale Rauchverbot auf Gastgärten und Öffi-Haltestellen ausdehnen will. Neuseeland geht noch ein paar Schritte weiter und erlässt ein generelles Rauchverbot für alle nach 2009 Geborenen. So erledigt sich das Thema auf lange Sicht von selbst – ohne, dass jemandem sein geliebtes Laster weggenommen wird.
Julia Pfligl arbeitet für die Sonntagsredaktion.
CONTRA
Als in Österreich spät aber doch das Rauchverbot in Gaststätten verkündet wurde, war das ein Meilenstein: Wer sich mit seinem Laster etwa in eine Bar begab, war gezwungen, sich für jede Zigarette vor die Tür zu bewegen. Das hat Tabakkonsum für Einzelne drastisch reduziert.
Die Idee, das Rauchen auch unter freiem Himmel verbieten zu wollen, greift aber zu weit: Hier sollte für genügend Lüftung gesorgt sein, um Schaden von den Umstehenden fernzuhalten. Außerdem: Was wäre die Gegenbewegung? Mehr Menschen, die in ihren eigenen vier Wänden rauchen (müssen) und damit ihren Familien passive Gesundheitsprobleme einhandeln.
Es ist löblich, dass Nikotinkonsum heute ein Sozialprestige hat, das nur unmerklich höher rangiert als auf den Boden zu spucken. Allerdings: Für eine beträchtliche Menge Leute in diesem Land ist diese Sucht viel Geld wert (haben Sie schon einmal die Tabakpreise gesehen?) und gar nicht so einfach abzuschütteln. Dass man sie noch unter freiem Himmel sanktionieren sollte, wirkt willkürlich.
Der Staat wäre aber gut beraten, die Schwelle für den Einstieg in den Nikotinkonsum so hoch wie möglich zu gestalten. Denn eines ist klar: Die Folgekosten von Marlboro und Co. für das Gesundheitswesen sind enorm – von persönlichen Schicksalen einmal abgesehen. Rauchen ist verschwendetes Geld und Raubbau an der Gesundheit. Aber es ist keine Einladung, Menschen mit Suchtproblematik über Gebühr auszugrenzen.
Philipp Wilhelmer leitet die Debatte.
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