Sollen Silvesterböller verboten werden?

Sollen Silvesterböller verboten werden?
Liebgewonnenes Ritual oder einfach nur nerviges Geknalle für Tier und Mensch? Die ewige Frage zum Jahreswechsel. Zwei Meinungen aus der KURIER-Redaktion.
Martin Bernert

Martin Bernert

Elisabeth Holzer-Ottawa

Elisabeth Holzer-Ottawa

PRO

Martin Bernert, Blattmacher

Die Erinnerung an die Knallerei im Wien der 1980er, -90er und 2000er-Jahre führt bis heute zu einem mentalen Tinnitus. Los ging es, sobald das Weihnachtsmenü verdaut war: Spätestens am 27. Dezember waren die ersten Böller zu hören, und das steigerte sich kontinuierlich bis zum Silvestertag. Vor allem in den Arbeiterbezirken außerhalb des Gürtels hatte man akustisch den Eindruck, in einem Kriegsgebiet zu leben.

Dazu kam, dass man manchmal beherzt in Deckung springen musste, weil es ein paar Jugendliche besonders lustig fanden, Böller zwischen den Beinen von Passanten explodieren zu lassen. Für Menschen nur ärgerlich, für den Familienhund ein jährlich wiederkehrendes Trauma. Am Silvestertag steigerte sich das Geknalle dann in einen ununterbrochenen Klangteppich aus nicht enden wollenden Detonationen; der Hund lag da nur noch unter dem Bett und zitterte wie Espenlaub.

Aber auch Menschen kamen zu Schaden: Die Palette reichte vom Knalltrauma bis zu weggesprengten Fingern, weil es als besonders mutig und verwegen galt, den Böller bis kurz vor der Explosion in der Hand zu halten, was immer wieder in längere Spitalaufenthalte mündete.

Das alles geht heute in keiner Weise ab. Die Stadt ist rund um den Jahreswechsel bedeutend ruhiger und damit lebenswerter geworden, aber trotzdem nicht zum Sanatorium verkommen. Es gibt so viele Möglichkeiten, zu Silvester Spaß zu haben – die Knallerei geht also wirklich nicht ab.

CONTRA

Elisabeth Holzer-Ottawa, Chronik

Es ist verboten, betrunken Auto, Motorrad und Moped zu lenken und – ja, auch das ist nicht erlaubt – alkoholisiert Fahrrad zu fahren.

Es ist verboten, schneller als das gesetzliche Tempolimit in Ortsgebieten oder auf Freilandstraßen zu rasen. Und dass es untersagt ist, ins Haus des Nachbarn einzubrechen und dort Goldschmuck zu stehlen, sollte allgemein bekannt sein. Einbruch und Diebstahl sind, Sie ahnen es, verboten.

Aber wie seltsam: Obwohl dies alles nicht erlaubt ist, stehen dennoch regelmäßig Einbrecher vor Gericht und Temposünder zahlen Strafen, weil sie sich von einem bloßen Verbot nicht haben abschrecken lassen. Eine nachhaltige Reduktion versprächen wohl bloß ein riesiges Netz an Radarkästen und gute Alarmanlagen.

Was also bringen alle Jahre wieder Vorstöße vor Silvester, Feuerwerke und Böller generell zu verbieten? Wenig. Wer Böller abfeuern will, wird es trotz Verbots tun. Bereits jetzt ist für die Allgemeinheit ohnedies nur ein beschränktes Repertoire an Silvesterkrachern erlaubt: Die schweren und potenziell gefährlichen Brummer obliegen fachkundigem Personal, allen anderen ist ihr Gebrauch längst verboten, Einfuhr inklusive. Dennoch taucht diese Pyrotechnik immer wieder in Österreich auf.

Besser, als nach neuen Verboten zu rufen, wäre es, die bestehenden Vorschriften rigoros zu kontrollieren. Dann könnte man sich vielleicht auch wieder am Zauber einer bunten – sachgemäß gezündeten – Silvesterrakete erfreuen.

 

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