PRO
Als die kleinen Flitzer vor einigen Jahren erstmals im Stadtbild auftauchten, schien das Ei des Columbus für kurze Strecken gefunden: Sie brauchen wenig Platz und keinen fossilen Treibstoff, können überall hin mitgenommen werden und verhelfen ihren Nutzern zu spürbarem Zeitgewinn. Kurz: ein idealer Auto-Ersatz in Ballungsräumen.
In der Praxis des Alltags scheiterten die (Leih-)E-Scooter allerdings schnell am allzu oft rücksichtslosen Verhalten seiner Nutzer. Weil die Gefährte nur geliehen sind, scheint sich niemand um die Einhaltung einfachster Regeln zu kümmern. Scooter – vor allem in den Abendstunden oft mit zwei Personen besetzt – werden auf schmalen Gehsteigen pilotiert und nach der Benützung achtlos ebendort stehen oder liegen gelassen. Ob sich Passanten durch beherzte Sprünge in Sicherheit bringen müssen und über die wahllos abgestellten (oder -gelegten) Elektroroller stolpern, scheint niemanden zu interessieren.
Dazu kommt ein Sicherheitsproblem. Wegen der kleinen Räder und des hohen Schwerpunkts sind E-Scooter instabil, bei Regen rutschen sie leicht weg. Die Bremsen zeigten in der ersten Generation der Roller kaum Wirkung – neuere Scooter haben zwar Scheibenbremsen, die aber oft zu gut wirken und daher erst recht wieder gefährlich sind.
Und: Elektroroller ersetzen nur selten Autofahrten – meist werden sie für Strecken genützt, die sonst zu Fuß oder mit Öffis bewältigt werden. Kaum Nutzen also, dafür werden die Nerven der Nicht-Nutzer umso mehr strapaziert. Fazit: Die Pariser haben schon richtig entschieden.
Martin Bernert Chronik
CONTRA
Die Zukunft lässt sich nicht (erfolgreich) verbieten. So ist das auch mit E-Scootern.
Natürlich, ein Verbot – wie es bald in Paris gelten soll – kann die Probleme, die die Verleih-Systeme derzeit verursachen, auf einen Schlag lösen. Aber: Die Vorteile der E-Scooter verschwinden damit ebenfalls. Und die sind nicht zu leugnen. Unkompliziert können die Geräte an vielen Standorten ausgeliehen werden. Sie sind für den Individualverkehr geeignet und kürzere Strecken lassen sich damit wunderbar meistern. Es hakt demnach nicht an den E-Scootern, sondern an den Rahmenbedingungen, unter denen sich die Fahrer und die Leih-Systeme beweisen müssen.
In Österreich sind die Gefährte nämlich den Fahrrädern gleichgestellt. Benötigen aber im Gegensatz dazu nur eine Bremse. Nur eines der technischen Gefahrenpotenziale, das einfach zu lösen wäre (und in Wien nun auch gelöst werden soll).
Weiters müssen E-Scooter die Radinfrastruktur nutzen. Ist – wie so oft – keine vorhanden, müssen sie auf die Straße ausweichen. Nur verständlich, wenn sich E-Scooter-Fahrer inmitten der Autos unsicher fühlen und verbotenerweise auf den Gehsteig ausweichen. Allzu oft sehen sich auch Fahrradfahrer aus dem gleichen Grund dazu gezwungen. Was es braucht, ist also mehr Platz. Besser ausgebaute Radwege und mehr Abstellflächen. Unfälle und herumliegende Roller ließen sich damit vermeiden. Gleichzeitig aber eine neue, nachhaltige Mobilitätsform fördern. Ein Spagat, den ein Verbot nicht leisten kann.
Anna Perazzolo Chronik Wien
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