Tempo 150 auf Autobahnen – eine gute Idee?

The car moves at the night.
Regelmäßig taucht die Forderung nach einer Hinaufsetzung der Höchstgeschwindigkeit in Österreich auf.
Robert Kleedorfer

Robert Kleedorfer

Elisabeth Holzer-Ottawa

Elisabeth Holzer-Ottawa

Alle Jahre wieder kommt die Idee auf, dass man auf österreichischen Autobahnen doch schneller als 130 km/h unterwegs sein dürfen sollte. Aktuell erneut von der FPÖ. Zwei Stimmen dazu aus der KURIER-Redaktion.

PRO:

Eines vorweg: Wer im Ortsgebiet mit bis zu 150 Stundenkilometern oder mehr braust, darf gern als Raser bezeichnet werden und seinen Führerschein eine Zeit lang abgeben. Anders sieht die Lage auf Autobahnen aus. Diese sind meist baulich durchaus für diese Geschwindigkeiten geeignet – breite Fahrbahnen, keine Fußgänger oder Radfahrer und kaum Kurven.

Tests in Österreich in den vergangenen Jahren mit 140 km/h oder 160 km/h haben ja schon bewiesen, was möglich ist, ohne dass es dabei damals zu einem vermehrten Unfallgeschehen gekommen wäre. Und sollte es ein Abschnitt baulich nicht zulassen (oder der Verkehr zu stark oder das Wetter zu schlecht sein), so kann mittels elektronischer Anzeigen eine Temporeduktion angeordnet werden. Laut heimischem Autobahnbetreiber Asfinag ist übrigens nicht zu hohes Tempo, sondern Ablenkung und Unachtsamkeit Unfallursache Nummer eins.

Dass mehr als 130 km/h problemlos möglich sind, zeigen auch andere Länder vor. In Tschechien ist auf modernen Autobahnabschnitten seit Jahresbeginn 150 km/h erlaubt. Und in Italien ist dies ebenfalls auf dreispurigen Bereichen bei entsprechender Beschilderung gestattet. Eine Ausweitung wurde von der Regierung angedacht. Deutschland, wo es kein allgemeines Tempolimit gibt, liegt bei der Zahl der Autobahntoten nur an zehnter Stelle in Europa.

Und bezüglich Mehrverbrauch ist darauf hinzuweisen, dass moderne Autos immer weniger Sprit benötigen, bei Elektromotoren gibt es gar keinen Schadstoffausstoß.

Robert Kleedorfer, Ressortleiter Wirtschaft

CONTRA:

Im Grunde ist die einzige Antwort auf diese Frage eine Gegenfrage: 

Wozu bitte?

Aber  erneut wird  jenes alte Thema lanciert, das Politiker oftmals gern im Wahlkampf neu für sich entdecken: Seit 1974 das Tempolimit auf Freilandstraßen und damit auch Autobahnen  erstmals überhaupt festgeschrieben wurde, poppt es immer wieder auf, auch in die andere Richtung, Stichwort Tempo 100. 

20 Kilometer mit 130 km/h  ergibt  bei freier Strecke  und optimalen Bedingungen eine Fahrzeit von etwas mehr als neun Minuten.  20 Kilometer mit 150 km/h  ergibt bei freier Strecke und optimalen Bedingungen knappe acht Minuten (Falls kontinuierliche   150 Stundenkilometer durch Baustellen, Staus, Wetterbedingungen oder   straßenbautechnische Gegebenheiten überhaupt umsetzbar wären.)

Eine Minute. Das ist  ein  unfassbar immenser Zeitgewinn. (Achtung, Zynismus!) Was könnte man also mit dieser einen, gewonnenen Minute  bloß anfangen? Darüber nachdenken, wie viel mehr Treibstoff man durch höheres Tempo verbraucht hat?
Wie viel mehr Feinstaub und Stickoxide in die Luft geblasen wurden?

Oder wie viele tödliche Verkehrsunfälle sich in Österreich bereits  jetzt ereignen, viele auch durch Raserei? Mehr als 400 Todesopfer  gab es 2023 im Straßenverkehr, ohne  den Menschen  hinter dem  Steuer  den Freifahrtschein  gegeben zu haben, dass sie – ganz legal –  noch mehr auf das Gaspedal drücken dürfen. 
Elisabeth Holzer-Ottawa, Chronikredakteurin
 

Kommentare